Wie man auf Partys Mädels anspricht (Dantes Verlag)

Januar 3, 2023
Wie man auf Partys Mädels anspricht (Dantes Verlag) Neil Gaiman Bibliothek

Schreibt er jetzt auch Ratgeber? Gleich zur Beruhigung: Nein. Auch trotz dieses ungewöhnlichen Titels haben wir es hier mit einer typischen Neil Gaiman-Story zu tun, in der der Autor von „Sandman“ und „American Gods“  seinem angestammten phantastischen Sujet treu bleibt. Die preisgekrönte Kurzgeschichte, die hier adaptiert wird, erschien bereits 2006 im Original als „How to talk to Girls at Parties“. Das Comic-Album ist ein weiterer Teil der Neil Gaiman Bibliothek, die gegenwärtig im Dantes Verlag (bisher vier Bände) und bei Splitter (bisher ein Band) verlegt wird (frühere Bände wurden von Carlsen und Panini veröffentlicht).

Croydon, ein Stadtteil in Londons Süden, wahrscheinlich 1977. Vic und Enn, zwei Teenager, sind Kumpels. Während Vic stets weiß, dem weiblichen Geschlecht zu gefallen und auch keinerlei Berührungsängste kennt, tut sich Enn damit schwer. Konversation und bzw. mit Mädchen sind noch nicht wirklich sein Ding. Entsprechend skeptisch ist er, als Vic ihn zu einer Party schleift, irgendwo die Straße runter, bei Alison. Laute Musik verrät den Ort, doch ist Alison dort nicht anzutreffen. Vielmehr öffnet eine Stella die Tür, eine blonde Schönheit, die sich Vic sogleich „schnappt“. Und Enn? Hat scheinbar wieder das Nachsehen in puncto Mädels, bis er auf eine offenbar einsame junge Dame trifft – die erste von mehreren seltsamen Begegnungen…

Der Band ist einmal mehr eine für Neil Gaiman charakteristische, vermeintlich federleichte, beschwingt vorgetragene Fingerübung, die anfangs einen Coming-of-Age Charakter andeutet. Zwei unerfahrene Heranwachsende, einer ein dauergrinsender Draufgänger, der andere schüchtern und nachdenklich. Schnell konzentriert sich die Handlung auf Enn, den Schüchternen, der will, aber nicht richtig weiß, wie. Der deshalb auch gerne zuhört, froh ist, dass überhaupt eine mit ihm redet, egal über was. So nimmt er auch die Dialoge bzw. Monologe der Mädchen hin, die wahlweise banal unsinnig oder poetisch abstrakt wie tiefgründig erzählt erscheinen. Enn kümmert es kaum.

Doch schnell ahnt man, dass da mehr ist. Anfangs Andeutungen als feiner Hauch von Unheil, das in der Luft liegt. Was bald zum Orkan zu werden droht, möglicherweise mit geradezu lovecraftscher Tiefe. Am Ende mögen die Ereignisse für Vic und Enn prägend sein, wobei Vics Geschichte viel Raum für Interpretation und Fantasie lässt – aber greifen wir nicht vor. Auch die Bilder, für die das brasilianische Brüderpaar Fábio Moon und Gabriel Bá verantwortlich ist („Daytripper“ bei Panini, außerdem zeichnet Gabriel Bá die „Umbrella Academy“), kommen in einem lockeren Strich daher, mit leichter Hand gezeichnet, inklusive schöner Farbverläufe und offenbar direkt koloriert – auch wenn die großen Augen der jungen Damen irritieren mögen. Ein weiterer empfehlenswerter Gaiman-Streich, den Übersetzer Jens R. Nielsen mit seinem üppigen Glossar perfekt ergänzt. (bw)

Wie man auf Partys Mädels anspricht
Text & Story: Neil Gaiman
Bilder: Fábio Moon, Gabriel Bá
68 Seiten in Farbe, Hardcover
Dantes Verlag
18 Euro

ISBN: 978-3-946952-92-3

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