The Walking Dead, Band 16 (Cross Cult)

Januar 31, 2013

The Walking Dead, Band 16: Eine größere Welt

Eigentlich könnte ja alles bestens sein. Rick und seine Gruppe haben sich in der befestigten Siedlung Alexandria etabliert. Rick ist der Boss. Seinem Sohn Carl geht es nach dem Verlust seines Auges auch wieder besser und Andrea könnte die neue Frau an seiner Seite werden. Und doch gibt es ein gravierendes Problem: die Vorräte gehen zur Neige und es wird immer schwieriger, neue Nahrung zu finden. Schließlich ist der letzte Pressack (Presswurst, für alle Wurst-Sport-Laien) schon vor über zwei Jahren eingedost worden. Frisch ist anders. Man überlegt, selbst Nahrung anzubauen. Aber auf kurze Sicht sieht’s schlecht aus.

Da kommt ein Fremder gerade recht. Paul Monroe, genannt Jesus (ja, auch hier ein falsch verstandener Heilsbringer), steht urplötzlich vor Michonne und Abraham, die die Stadt mal wieder nach was Genießbarem abgrasen. Und Jesus hat Neuigkeiten. Er kommt aus einer Siedlung mit 200 Menschen, die Nahrung im Überfluss hat. Jesus sucht ständig neue Handelspartner, bei Rick beißt er aber vorerst massiv auf Granit. Denn der glaubt ihm nicht. Kein Wort. Nur langsam und mit Hilfe Carls und der potentiellen Notlage im Nacken lässt sich Rick überzeugen, Jesus zu dessen Siedlung zu begleiten. Die entpuppt sich als beeindruckend. Straff organisiert, auf einer Anhöhe gelegen, gut zu verteidigen und mit richtig viel Essen darin. Jesus hat nicht gelogen und das Vertrauen Ricks endlich gewonnen.

Doch wieder ist’s nix mit Ende gut, alles gut. Denn die Bewohner der Anhöhe haben ein Problem. Nicht nur, dass sie ohne Schusswaffen auskommen müssen (Muni ist schon lange alle), sie müssen sich obendrein auch noch mit einer brutalen Horde herumschlagen, die sich die Erlöser nennt und die unter ihrem Boss Negan die Hälfte aller Erträge und Vorräte kassiert. Eine Art Schutzgeld, denn im Gegenzug lassen die Erlöser die Gemeinde weitestgehend in Ruhe und halten sie frei von Zombies. Ausgerechnet Sohnemann Carl bringt die Sache auf den Punkt: wenn Ricks Leute die Erlöser killen und die Willkür beenden, bekommen sie dann die Hälfte?

Phänomen Walking Dead: Die äußerst quotenfreudige TV-Adaption geht inzwischen schon in die dritte Staffel – verantwortlich dafür ist u.a. Frank Darabont, der 1994 mit Die Verurteilten/The Shawshank Redemption einen Film für die Ewigkeit geschaffen hat. Und das Video-Game Adventure von Telltale, in mehreren Episoden veröffentlicht, wurde etliche male zum Spiel des Jahres 2012 gewählt. Aber Keimzelle der ganzen Erfolgs-Maschinerie ist immer noch die Comicserie, die auch ständig Preise gewinnt und von der bei uns jetzt Band 16 (beinhaltet die US original Hefte 91 bis 96) erschienen ist. Und die wird noch immer von Robert Kirkman geschrieben, der gute Mann bleibt da echt am Ball.

Beinahe 100 Hefte (in den USA ist man schon bei der Nr. 106) in annährend gleich hoher Qualität zu bringen, auch zeichnerisch, dank Charlie Adlard und dem Meister der Grautöne, Cliff Rathburn, ist schon eine reife Leistung. Das schaffen nur wenige.

Als Leser der ersten Stunden kann man sehen, dass Kirkman seine Story in etwa zyklisch aufbaut. Langeweile? Fehlanzeige. Selbstzitate? Nope. Es gibt dramatische, einschneidende Erlebnisse, wie der Tod von Ricks Frau, dann Episoden, in denen zwischenmenschliche Konflikte und Beziehungen thematisiert werden, dann aber wird die Story wieder vorangetrieben und Neuland gewonnen. Das genau ist hier der Fall und ‚Eine größere Welt‘ bestens tituliert. Die drohende Eskalation mit den Erlösern birgt Potential für etliche Hefte und die ‚Neuen‘, die Bewohner der Anhöhe, dürften auch für zukünftige zwischenmenschliche Konflikte sorgen, ein Anfang ist ja schon gemacht. Überraschend ist, dass sich Rick als Visionär und mal nicht als Schwarzseher vom Dienst (er hat ja meistens recht) gibt. Die Siedlung, die Anhöhe, könnte die Zukunft sichern und eine echte Perspektive sein. Wer Kirkman und den bisherigen, teilweise radikalen Serienverlauf kennt, weiß, dass das Rick & Co. nicht so einfach gemacht werden wird. Aber zumindest lässt Kirkman in diesem Band keinen der Hauptcharaktere sterben oder leiden. Das sei verraten. Ansonsten wie immer eine makellose Empfehlung. Die beste US-Serie bei uns. (bw)

The Walking Dead, Band 16: Eine größere Welt
Text: Robert Kirkman
Bilder: Charlie Adlard und Cliff Rathburn
144 Seiten in schwarz-weiß, Hardcover, Kleinformat
Cross Cult
16 Euro

ISBN: 978-3-86425-098-9

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