Battle Angel Alita, Band 1 (Carlsen)

April 11, 2018

Glück muss man haben. Auf den endlosen Schrottplätzen macht Daisuke Ido, seines Zeichens Inhaber einer Reparaturwerkstatt für Cyborgs, einen seltenen Fund: den noch funktionierenden Kopf eines weiblichen Cyborgs. Ido schließt ihn wieder an, bringt ihn „zum Laufen“ und tauft ihn Alita. Schließlich gibt er der jungen Dame noch einen Körper. Und schon bald findet die neugierige, wie wissbegierige Alita, die keinerlei Erinnerung an ihre Vergangenheit oder Herkunft zu besitzen scheint, heraus, dass Ido noch einen weiteren Geschäftszweig betreibt: er ist ein erfolgreicher Hunter Warrior, einer der Kopfgeldjäger, die in Schrottstadt die Arbeit der Polizei übernommen haben. Zu Idos Überraschung beherrscht Alita perfekt die Panzerkunst, eine seltene Kampfform für menschliche Cyborgs, weshalb er ihr passend dazu einen neuen Berserker-Körper aus einem abgestürzten Raumschiff vermacht. Bald gehen beide gemeinsam auf die Jagd, bis Alita in den Kloaken der Stadt auf den schier übermächtigen Makaku trifft…

In der zweiten Storyline begegnet Alita dem jungen Hugo und verliebt sich in ihn. Hugos Traum ist es, nach Zalem zu gehen, der mysteriösen Himmelstadt der Reichen, die weit über den Köpfen von Schrottstadt schwebt. Dazu braucht der Junge angeblich Geld. Viel Geld. Das er nicht nur auf ehrliche Art und Weise verdient: denn Hugo ist der gesuchte Dieb, der für den zwielichtigen Vektor den Cyborgs die Wirbelsäulen klaut, welche auf dem Schwarzmarkt heiß begehrt sind. Beinahe blind vor Liebe hilft Alita Hugo bei der Geldbeschaffung über ihren Hunter Warrior Job und ahnt nicht, dass sie den Jungen dabei mit ins Verderben schickt. Denn als Hugos illegales Tun auffliegt und er steckbrieflich gesucht wird, wird er selbst zum Ziel der Hunter Warriors und Zalem scheint endgültig in weite Ferne zu rücken…

Keine schöne neue Welt. Mangaka Yukito Kishiro entwirft in seinem Sci-Fi/Cyberpunk-Epos eine klassische zweigeteilte Gesellschaft. Während die einen in Schrottstadt ihr schummriges Dasein fristen, leben die Reichen in der räumlich wie gesellschaftlich unerreichbaren Himmelsstadt Zalem angeblich wie die Maden im Speck (ein in der SF beliebtes Modell, das zuletzt in Splitters „Erinnerungen an den globalen Bürgerkrieg“ zum Einsatz kam und das auch Filmen und Serien wie Fritz Langs „Metropolis“, „Elysium“ oder zuletzt in „Altered Carbon“ Verwendung findet). Gegenseitige Visiten finden nicht statt. Der Transport von Gütern nach Zalem wird ausschließlich durch Roboter, die Deckmen, organisiert und gesteuert. Die Handlung spielt bisher ausschließlich in Schrottstadt, die Yukito Kishiro mittels Anleihen aus Blade Runner und – noch einmal – Metropolis (das Design der Factory-Gebäude) inszeniert. Wobei die bei der Entstehung (1991) aktuellen Gerätschaften, wie Röhrenmonitore und Telefone, heute wie Anachronismen wirken, was aus jetziger Sicht dem Charme der Reihe nicht abträglich ist.

Die einzelnen Abschnitte werden nicht mit „Kapitel“, sondern mit 1. bis 12. Kampf betitelt. Und tatsächlich sind die Action Sequenzen, die als Höhepunkt und Finale der meisten Episoden fungieren, intensiv choreographiert, erstrecken sich teilweise über etliche Seiten und geizen nicht mit drastischen Darstellungen. Trotzdem ist die Serie keine blanke Action-Orgie. Yukito Kishiro vergisst seine Charaktere nicht und gibt ihnen Tiefe und Geschichte. Daisuke Ido, ein Mann mit Vergangenheit schwankt zwischen väterlicher und platonischer Liebe zu Alita. Die wird in einer neuen Welt wiedererweckt und muss sich erst zurechtfinden, ahnt anfänglich nichts von ihren Kampfeskünsten und sehnt sich nach Liebe, die sie in Hugo vermeintlich findet. Und Hugo, sehnt sich, geprägt von seiner tragischen Kindheit, nach Geld und Sicherheit. Im Gegensatz dazu sind die Bösewichte herrlich schrill und übertrieben in Szene gesetzt, mit kuriosen Kampf-Utensilien („Schleifcutter“) und überdimensionalen Rüstungen.

„Battle Angel Alita“ ist bis heute die erfolgreichste Serie von Yukito Kishiro, der diese in diversen Inkarnationen mit Unterbrechungen seit 1991 schreibt und zeichnet. In Deutschland veröffentlichte Carlsen, wo die Reihe seit jeher beheimatet ist, bereits ab 1996 zwölf Ausgaben im Zuge der frühen Manga-Welle (siehe u.a. auch „Akira“). Diese werden nun in vier dicken Bänden zusammengefasst (mit diversen, fein kolorierten Farbseiten), von denen drei bereits erhältlich sind. Band 4 kommt im Mai und wird wahlweise auch mit Sammelschuber zu haben sein. Passend dazu entsteht gerade eine Verfilmung für das Kino, mit Robert Rodriguez (u.a. From Dusk Till Dawn, Sin City, Machete) auf dem Regiestuhl (ursprünglich wollte Produzent James Cameron den Part selbst übernehmen, aber er muss noch diverse Jahrzehnte Avatar 2 bis 11 vorbereiten und drehen…) und Christoph Waltz in der Rolle des Ido. Die Hauptfigur Alita wird von Rosa Salazar gespielt. Ein erster Trailer ist bereits zu bewundern. Wir sind einmal mehr gespannt. (bw)

Battle Angel Alita, Perfect Edition, Band 1
Text & Bilder: Yukito Kishiro
456 Seiten in Schwarz Weiß & Farbe
Carlsen Verlag
19,99 Euro

ISBN: 978-3-551-72135-8

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