Saga, Band 5 (Cross Cult)

Januar 2, 2016

Saga, Band 5 (Cross Cult)

Acht Eisner Awards, zehn Harvey Awards. Und einige mehr. An Saga, der angesagten Serie von Autor Brian K. Vaughan (Y: The Last Man, Ex Machina) muss was dran sein. Auch bei den Comics gibt es Auszeichnungen und Preise schließlich nicht für lau. So bekam die Reihe bei ihrem Deutschland-Start im Juli 2013, als sie in den USA bereits etabliert war, entsprechend viel Vorschusslorbeeren und auch hierzulande waren die Kritiken überwiegend positiv. Trotzdem hatte die Serie bei mir anfangs keinen leichten Stand. Sie zündete nur langsam. Was sich inzwischen gottlob geändert hat. Beides aus den gleichen Gründen.

Aber zuerst – wovon handelt Saga? Hintergrund der Geschichte ist ein epischer Krieg zwischen dem Riesen-Planeten Landfall (dort leben die mit den Flügeln) und seinem kleinen Mond namens Ranke (die mit den Hörnern). Himmel und Hölle? Inzwischen, nach Jahren, tobt der Konflikt nicht mehr an seinen Ursprüngen, vielmehr wurde er ins All hinausgetragen, wo Stellvertreter-Kriege ganze Planeten verwüsten. Der Hass zwischen den beiden Völkern hat einen unüberwindbaren Graben geschaffen. Der Krieg kennt keinen Sieger und scheint ewig zu währen. Dann passiert etwas Ungeheuerliches und Unvorhersehbares. Alana, eine Frau von Landfall, verliebt sich in Marko, einen Mann von der Ranke. Schlimmer noch, beide zeugen ein Kind. Hazel. Ein Kind mit Flügeln und Hörnern! Da nicht sein kann, was nicht sein darf, wird die junge Familie von beiden Seiten quer durch das Universum gejagt.

Bis zum aktuellen Band 5 ist nun einiges passiert. Viel sogar. Sehr viel. Und allen, die sich mit dem (zwingenden) Gedanken befassen, in die Serie einzusteigen, sei tunlichst geraten, mit dem ersten Band zu beginnen und dann bis Band 5 zu suchten. Inzwischen haben sich die Akteure in drei Gruppen aufgeteilt: Alana und Klara, ihre Schwiegermutter in spe, müssen sich mit Dengo vom Robotreich herumschlagen, der den Robot-Thronfolger entführt hat und der nun mit diversen Terroristen paktieren will, um an den Herrschenden Rache zu üben. Prognose: der Schuss geht nach hinten los. Dann Marko. Der sucht verzweifelt seine Familie und verbündet sich dazu wohl oder übel mit Prinz Robot, der seinen Sprössling wieder haben will. Prognose: wird zur Bruchlandung. Und schließlich Gwendolyn, Markos Verflossene, die mit dem Mädchen Sophie und der Freilanzerin Die Marke (in dieser Kopfgeldjäger-Zunft schreibt sich stets mit Artikel) deren Bruder Der Wille mittels Drachensperma (ja, ernsthaft) zu heilen versucht. Prognose: hoher Preis, Verluste inklusive.

Das klingt jetzt durchaus schräg. Aber daran gewöhnt man sich. Und genau deshalb war es nicht leicht, den Serienauftakt zu mögen. Denn Vaughans Ideen sind dermaßen respektlos, vorbildlos und unkonventionell bis grotesk. Und sie vereinen Magie und Science Fiction unter einem Dach. Was dieser Herr auf wenigen Seiten dem Leser an wilden Dingen entgegen schleudert und vermengt, muss man anfangs erst verdauen. Kostproben: das Raumschiff, mit dem Alana und Marko unterwegs sind, ist aus Holz (Baumschiff). Die Wesen des Robotreiches besitzen als Kopf einen Monitor (der Herrscher hat natürlich ‚den Größten‘). Izabel, der freche Teenager-Geist mit halbem Körper (inklusive heraushängenden Gedärmen), der mit Hazel eine Synthese eingeht. Der Willes Sidekick, die Lügekatze, die jede Unwahrheit sofort erkennt. Irgendwann sind geflügelte Pferde, halbe Planeten (Demimonde) und sprechende Robben in Latzhosen (wir kratzen hier nur an der Oberfläche des Kuriositätenkabinetts) Routine. Und höchst willkommen. Das ist der Moment, an dem Saga zuschlägt und den Leser vereinnahmt.

Dabei förderlich sind auch immer wieder ganz banale Alltagsdinge, die so gar nicht in ein SF-Epos passen: man hat kein Netz für sein Handy. Heuert zum Geldverdienen bei einem trashigen und subversivem TV-Piratensender an. Muss sein Raumschiff auftanken (an einer ganz und gar unmodernen Tankstelle). Und zofft sich innerhalb der Familie. Was schließlich zum handfesten Problem wird. Dabei dreht sich alles um ein zeitloses, pazifistisches Motiv, das eine Brücke zur Gegenwart baut: eine Familie, so ungewöhnlich und jenseits aller Konventionen sie auch sein mag, möchte einfach nur in Frieden leben, was durch die Umstände und äußere Einflüsse jenseits ihrer Macht nicht möglich zu sein scheint. Dazwischen glänzt Saga auch mit scharfen, pointierten Dialogen mit sarkastischem Witz. Auch Gewalt und Erotik werden nicht ausgespart und finden durchaus explizit Verwendung. So wechselt sich ungläubiges Staunen mit makabrem Humor ab, wobei sich Vaughan auch nicht scheut, immer wieder Personen aus dem Spiel zu nehmen. Und das durchaus überraschend.

Wie schon bei ‚Ex Machina‘ und ‚Y: The Last Man‘ (dort half ab und an Goran Sudzuka aus) arbeitet Vaughan auch hier mit einem/r festen Zeichner/in zusammen. So bleibt der Look, den Fiona Staples der Serie gab, charakteristisch und unverwechselbar. Die Bilder sind sehr ausdrucksstark (und Alana ist wirklich hübsch), die Kuriositäten und Autoren-Einfälle sind kongenial umgesetzt, wobei der Detailreichtum so tief ist, wie es die Story gerade erfordert. Also: bitte nicht scheuen. Saga macht großen Spaß, überrascht stets aufs neue und wird jeden, der SF und gute, epische Geschichten mag, nicht enttäuschen. Wenn auch vielleicht erst auf den zweiten Blick. Dann aber umso mehr. (bw)

Saga, Band 5
Text: Brian K. Vaughan
Bilder: Fiona Staples
144 Seiten in Farbe, Hardcover
Cross Cult
22 Euro

ISBN: 978-3-86425-698-1

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