Großwesir Isnogud möchte… – aber das wissen wir ja schon. Was will man sonst auch tun, wenn man klein, böse und ehrgeizig ist. Doch ehe es wieder so weit ist, besucht Isnogud mit seinem Mietsklaven Tunichgud den angesagten Seelenklemper Freut, der zwar jeden geistig umkrempeln, aber Isnogud mit dessen bekanntem Wunsch (ja, genau) auch nicht weiterhelfen kann. Dann stehen tatsächlich Kalifatswahlen an. Die sind wie folgt geregelt: nur der Kalif (also Harun Al-Pussah) darf sich als Kandidaten aufstellen und nur der Kalif ist wahlberechtigt. Klare Sache, die aber doch sehr ernst genommen wird (Stichwort Wahlplakate und Umfragen). Nachdem der Henker nach einem Besuch bei Freut die Arbeit verweigert und eine Karriere als Comedian anstrebt, sucht Isnogud einen neuen Henker und löst dabei beinahe eine Revolution aus, angesichts der Kalif Harun Al-Pussah eine Idee hat: er will sich demokratisch wählen lassen und sein ergebener und treuer Isnogud soll seinen Herausforderer mimen und natürlich absichtlich verlieren. Was dieser natürlich alles andere als vor hat, sieht er doch endlich die historische Chance gekommen, Kalif anstelle… – aber das wissen wir ja. So mobilisiert Isnogud diverse zwielichtige Berater, lässt keine Intrige unversucht und tatsächlich schafft er es schließlich Harun Al-Pussah in den Umfragen hinter sich zu lassen. Dann naht der Wahltag…
Isnogud war für mich immer so etwas wie der kleinere, unbekanntere Bruder von Asterix. Tatsächlich drängen sich in der Historie der beiden Serien diverse Parallelen auf. René Goscinny schrieb bis zu seinem Tod beide Reihen. Beide erschienen zuerst bei Ehapa. Beide haben in jeder Geschichte stets die gleichen Motive und Voraussetzungen, wobei es schon ein Kunststück ist, fast 30 Alben lang den armen Isnogud bei seinem einzigen Bestreben zu erleben (ihr wisst schon…), ohne dass es langweilig wird. Beide Serien wurden von ihren jeweiligen Zeichnern alleine fortgeführt – mit wechselnder inhaltlicher Qualität und Erfolg. Sowohl Asterix als auch Isnogud wurde verfilmt, jeweils als Zeichentrick als auch als Realfilm (wobei der Isnogud-Streifen völlig misslungen ist). Und schließlich wurden beide Reihen an Nachfolgern weitergegeben. Während Asterix von einem gänzlich neuen Team übernommen wurde (Conrad und Ferri), blieb Isnogud zeichnerisch in der Familie, da Sohn Nicolas Tabary, der zuvor schon für seinen Vater kolorierte, die Zeichnungen übernahm.
Die sind auch dann denen seines Vaters sehr ähnlich, wenngleich plakativer und weniger detailliert, was jedoch nicht weiter ins Gewicht fällt. Der Stil passt. Dies ist die zweite Isnogud-Geschichte, die Nicolas Tabary illustriert und die erste mit dem neuen Autorenteam Canteloup/Vassilian, beides Komiker. Die Bandbreite der Gags, die die beiden in der Story abliefern, ist sehr groß. Manche sind nervig und albern: die sprechenden Ziegen und Schweine, die Fes-Bock (Facebook) und Kwieker (Twitter) erfinden. Ein gelungener Running Gag ist die Figur des Freut, der per Psychoanalyse ganz Bagdad auf den Kopf stellt und dabei auch nur Macht und Geld im Sinne hat. Und immer wieder werden reale Orte, Personen oder geschichtliche Ereignisse auf’s Korn genommen und parodiert, wie Las Vegas, der Golfkrieg (ja, ernsthaft). Kurzauftritte haben u.a. Boule & Bill, Prince und der Kleine Nick (ebenfalls eine Goscinny-Schöpfung). Weiter gelungen: Isnoguds Berater Jesswi Khan, ein farbiger Mongole (!), der einen Übersetzer beschäftigt, obwohl er in unserer Sprache spricht. Oder die Szene als Isnogud in der Wüste darbend seine Schöpfer anruft und die Köpfe Tabarys und Goscinnys am Himmel erscheinen. Köstlich auch: Isnogud verspricht Bürgern Badgads mehr Arbeit. An sich nicht übel, nur dass er seine Rede ausgerechnet vor Sklaven hält…
Das Eindeutschen der Namen muss entweder eine Heidenarbeit oder ein Heidenspaß gewesen sein (oder beides). Der Händler und Zauberer Al Dih, der Übersetzer Jies Burga (mit entsprechendem Turban)… Wie auch bei Asterix – ziehen wir hier eine letzte Parallele – kann man dem neuen Isnogud einen gelungenen Neustart attestieren. Das Fundament ist da, die neue, modernisierte Spritzigkeit auch. Wenn die Autoren im nächsten Band (kommt im Sommer 2016 bei dani books) den Klamauk noch etwas zugunsten von Story und Inhalt zurücknehmen, kann hier noch eine Schippe draufgelegt werden, wenn Großwesir Isnogud wieder dem Drang verfällt, Kalif anstelle… – aber das wissen wir ja schon. (bw)
Die neuen Abenteuer des Großwesirs Isnogud, Band 1: Präsident Isnogud
Text: Nicolas Canteloup, Laurent Vassilian
Bilder: Nicolas Tabary
48 Seiten in Farbe, Hardcover
dani books
14 Euro
ISBN: 978-3-944077-48-2