Siberia 56, Band 1 (Splitter)

September 22, 2014

Siberia 56, Band 1

Siberia 56 ist ein Eisplanet. 80 Millionen (!) Lichtjahre von der Erde entfernt. Dort gibt es eine Basis der Menschen, die alle sechs Jahre um ein weiteres Team von Wissenschaftlern ergänzt wird. Ziel: Kolonisation. Jetzt ist es wieder soweit. Nach Erwachen aus dem Kälteschlaf steuert die Crew die Basis an, doch ein heftiger Triebwerksschaden zwingt den Gleiter zur Notlandung, 250 km vom Ziel entfernt. Der erste Tote. Kein Fahrzeug. Kein Funk. Kälte bis -200 Grad, lange Nächte. Nicht gut. Trotzdem macht man sich zu Fuß auf. Geschützt werden die Schiffbrüchigen von beinahe allmächtigen Computer gesteuerten Raumanzügen, die neben Temperatur auch Navigation, Nahrungsaufnahme und Stuhlgang (örks) regeln. Doch kurze Tage (sechs Stunden), schroffe Felsen und tiefe Schluchten sollen nicht die einzigen Schwierigkeiten sein, mit denen sich die vier verbliebenen Crewmitglieder (die charakterlich alle recht blass bleiben – man erfährt auch nur deren Vor- oder Nachnamen) herumschlagen müssen. Bald kommt ein Mega-Hagelsturm auf, der einer weiteren Wissenschaftlerin (mit Namen Beck) das Leben kostet. Zu dritt, unter Führung von Ned, geht es weiter. Man stößt auf unbekannte Bauwerke und natürlich auf diverse Monster, teils bekannt teils unbekannt. Und immer dringender die Frage: kann man die rettende Basis noch erreichen?

Natürlich spielt Christophe Bec mit zahlreichen Versatzstücken, die der SF/Survival/Horror-Spezi sofort erkennt. Die Mannschaft wird dezimiert. Monster aus dem Nichts (wilde Wurm-Variationen aus den Sandwürmern von Dune, den Raketenwürmern aus Tremors und den Armen von Doc Ock). Ein extrem unwirtlicher Planet – man trennt sich trotzdem. Gefahren allenthalben. Das erinnert an viele Genre-Vertreter, von Aliens bis zu Nick, dem Weltraumfahrer. Aber: es wirkt erstaunlicherweise nicht abgekupfert. Vielmehr erzeugen die gefährlichen Situationen und Überraschungen eine angenehme Neugierde beim Leser: „Ah, jetzt kommt dies, jetzt kommt das – mal sehen wie Bec die Situation klärt“. Und der spart nicht mit Verlusten, denn die dreizehnte Mission steht von Beginn an unter keinem guten Stern. Andere typische Elemente, wie der obligatorische Streit zwischen Crew-Mitgliedern, spart er komplett aus. Auf der zeichnerischen Seite schafft es Alexis Sentenac (Assassin’s Creed, Die Legende der Drachenritter, Bd. 14 – beides auch bei Splitter), das vermeintlich dröge Setting – schroffer Eisplanet, auf dem es gerne dunkelt, Sturm ohne Ende, immer die gleichen Uniformen – abwechslungsreich und spektakulär in Szene zu setzen, wobei er u.a. geschickt Lichteffekte der Raumanzüge einsetzt und hell-dunkel Variationen verwendet.

An sich ist die Story abgeschlossen. Doch die typischen Bec-Momente machen neugierig auf Band 2: das gigantische, offenbar metallene Loch fremder Baumeister (wieso wurde das noch nicht entdeckt, wenn man doch bequem den halben Planeten scannen kann – und das seit Jahrzenten?), unbekannte Schriftzeichen, riesige Höhlen, XXL-Monster. Alles eben eine Nummer größer, als gewohnt. Wie die Story jetzt weiter geht, ob die Personen von Band 1 weiter im Mittelpunkt stehen, oder ob Bec eine ganz andere Geschichte um Siberia 56 erzählt, werden wir in Band 2 sehen, der für das nächste Frühjahr geplant ist. Vielleicht wird dann auch die Frage geklärt, warum man ausgerechnet diesen unwirtlichen Planeten kolonisieren will, wenn man schon in der Lage ist, 80 Millionen Lichtjahre durch das All zu reisen… (bw)

Siberia 56, Band 1: Die dreizehnte Mission
Text: Christophe Bec
Bilder: Alexis Sentenac
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
13,80 Euro

ISBN: 978-3-86869-737-7

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