Tausendundeine Nacht (Splitter) | Comicleser

Tausendundeine Nacht (Splitter)

Juli 11, 2025
Tausendundeine Nacht (Splitter Verlag)

Sultan Schahriyar versteht keinen Spaß. Vor allem nicht, als seine Frau Zaida ihn mit diversen Höflingen schnöde betrügt. Das kostet nicht nur allen Beteiligten den Kopf, sondern führt auch dazu, dass Schahriyar kurzerhand jeden Tag eine neue Braut nimmt und mit dieser die Nacht verbringt, nur um die Unglückliche am nächsten Tag hinrichten zu lassen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, fasst die bildschöne Tochter des Wesirs Scheherazade einen tollkühnen Plan: sie bietet sich dem Sultan als nächste Frau, aber in der Hochzeitsnacht erzählt sie ihm eine faszinierende Geschichte über Männer und Frauen, die sie geschickt am spannendsten Punkt abbricht. Der Herrscher erliegt seiner Neugierde, schiebt die Hinrichtung auf und lauscht auch in der kommenden Nacht begierig den Erzählungen Scheherazades…

„Die Favoritin und der Händler Ghanem“: in Bagdad erspäht der hübsche Händler Ghanem durch einen Riss in einer Gartenmauer die hübsche Tahdib, die Konkubine des Kalifen, die sich dort nackt des Lebens erfreut. Rettungslos verliebt, kehrt Ghanem jeden Tag zurück und muss eines Tages miterleben, wie die Holde im Auftrag einer der eifersüchtigen Ehefrauen des Kalifen entführt wird. In der Wüste rettet er ihr das Leben, aber der rasende Kalif lässt ihn dennoch blenden und wirft Tahdib in eine dunkle Zelle….

„Die Zauberinnen und Prinz Badr“: Prinz Badr, Sohn des Sultans von Basra, setzt sich in den Kopf, die schönste Frau des Landes zu heiraten. Sein Freund Assad weist ihn auf die Schwestern Giawara und Abdallah hin, die alleine in einem prunkvollen Schloss wohnen. Badr dringt nachts in die Gemächer ein, aber die hinterhältige Giawara entpuppt sich als Zauberin, die ihn in einen Schwan verwandelt, den wiederum die ebenfalls der Magie mächtige Abdallah einfängt und mit einem weiteren Zauber belegt: am Tag lebt Badr fortan als Schwan, des Nachts muss er als hübscher Jüngling der durchaus unersättlichen Abdallah zu Willen sein. Mit Hilfe von Assad bekommt Badr eines Tages die Chance, den Bann zu brechen…

„Das Mädchen, die Sklavin und der Tiger“: ein gnadenloser, grausamer Dschinn entführt ein Kind und schafft es per fliegendem Teppich in einen Turm. Dort übergibt er sein Opfer seiner Gefangenen, die seinen abseitigen Vorlieben gefügig sein muss, sobald er sie aufsucht. Die beiden Schicksalsgenossinnen freunden sich an, die ältere Gefangene nennt sich Sonne, das Kind hört auf den Namen Blume, das mit Entsetzen die Dinge verfolgt, die der Dschinn an Sonne verübt. Als Blume erwachsen geworden ist, wählt der Dschinn sie zu seiner neuen Gefährtin und lässt seinen gewaltigen Tiger auf Sonne los. Als er den Zyklus von neuem beginnen will und ein neues Kind heranschafft, fasst Blume die feste Absicht, nicht so zu enden wie ihre Vorgängerin…

Die Geschichten aus 1001 Nacht gehörten mit Grimms Märchen sicherlich zu den bekanntesten Märchensammlungen der Welt, im kollektiven Bewusstsein vertreten durch zahllose Adaptionen in Literatur und Film, die sich vor allem auf die bekanntesten Geschichten „Ali Baba und die 40 Räuber“, „Sindbad der Seefahrer“ (wunderbar der Kampf mit den Skeletten, inszeniert von Ray Harryhausen für die Hollywood-Leinwand) und Aladin und die Wunderlampe, der es ja bis auf die Musical-Bühnen der Metropolen schaffte. Die umfangreiche Sammlung von Erzählungen datiert vermutlich zurück bis ins Jahr 250 und verbindet Motive aus dem damaligen Persien, Arabien und Indien.

Eingebettet in die Rahmenhandlung der Scheherazade, die um ihr Leben erzählt, sind – oft in Schachtelgeschichten, die wiederum eigene Erzählungen enthalten – unterschiedlichste Genres eingeflochten, die nahelegen, dass nicht ein einzelner Autor verantwortlich zeichnet, sondern dass im Laufe der Jahrhunderte vielmehr eine Vielzahl von vielleicht auch mündlich überlieferten Motiven zusammengebaut wurden. Wer nun denkt, dass die hier vorliegende Umsetzung von Trif der Vorlage nicht ganz gerecht werde, der täuscht sich ganz gewaltig: neben in der Tat märchenhaften, abenteuerlichen, romantischen, spaßigen und auch tragischen Geschichten stehen durchaus erotische und auch direkt pornografische Beiträge, so dass der Fokus auf die prickelnden, expliziten, teilweise auch gewalttätigen Facetten, die Trif (wie auch schon in seiner Gladiatoren-Saga „Thrax“ und seiner „Schöne und das Biest“-Version) wählt, absolut vorlagengetreu daherkommt.

Scheherazade lockt ihren Herrscher ganz gezielt mit der Aussicht, er werde jede Menge über das Verhältnis von Mann und Frau, über Macht, Liebe und Hass erfahren – und die Geschichten, die Trif für seine Adaption auswählt, liefern exakt diese Mischung. Eifersucht, hemmungslose Lust, Zügellosigkeit, aber auch List, ein guter Ausgang – aber am Ende immer auch der Verweis auf den Tod, der die Protagonisten irgendwann an der Hand nimmt, das sind die Elemente der Erzählungen, die Trif wie gewohnt opulent, in wirkungsvoller Farbgebung und vor allem mit teilweise deftigen Details ausbreitet. Ein unbedingt lohnender Blick auf die eigentliche Ausrichtung der nächtlichen Geschichten, die oft auf ihre kindgerechten Märchenelemente reduziert sind. Der vorliegende Band erscheint im Rahmen der Splitternackt-Reihe und enthält einen feschen Kunstdruck. (hb)

Tausendundeine Nacht
Text & Story: Trif
Bilder: Trif, Andrea Celestini (Farben)
96 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
25 Euro

ISBN: 978-3-96219-226-6

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