Die Schöne und das Biest (Splitter) | Comicleser

Die Schöne und das Biest (Splitter)

Februar 28, 2025
Die Schöne und das Biest (Splitter Verlag)

Mirabelle fühlt sich in ihrem Heimatdorf zunehmend gelangweilt – irgendwo muss es doch mehr geben als immer die gleichen nervigen Brüder und Bauerntölpel. Als Onkel Albert anbietet, sie für den Sommer mit in die große Stadt zu nehmen, stimmt sie begeistert zu. Leider verläuft die Reise alles andere als geplant: im Wald lauern den beiden Wegelagerer auf, töten Albert und machen sich gerade daran, ihren „Spaß“ mit Mirabelle zu haben, als ein furchteinflößender Hüne, mehr Tier als Mensch, einen der Lumpen zerfetzt und sich eilends wieder davon macht. Mirabelle folgt ihrem Retter bis zu einem einsamen Schloss am See, aber der grimme Finsterling verjagt die junge Dame scheinbar herzlos. Was er sich dann doch wieder anders überlegt: er holt die im Wald umherirrende und fiebernde Mirabelle in sein Schloss und pflegt sie durchaus sorgsam.

Nur nach Hause durch den Wald kann er sie nicht begleiten, so berichtet er, ein fürchterlicher Fluch lastet auf ihm: auf einer Insel im See zeigt er Mirabelle einen Spiegel, in dem sein wahres Ich zu sehen ist, ein strahlend hübscher Jüngling. Staunend erfährt Mirabelle seine Geschichte: als junger Prinz sei er von Frauen umschwärmt gewesen, bis er sich in eine Fee aus dem See verguckt habe, die seinen eher direkten Avancen allerdings nicht nachgeben wollte. Blind für die Wahrheit, dass die Fee eher an Liebe als an Abenteuer interessiert war, wendete der Prinz Gewalt an, worauf die Fee ihn verfluchte: in monströser Gestalt soll er zehn Jahre lang isoliert leben, nur die wahre Liebe einer Frau, die bereit ist, sich für ihn zu opfern, kann ihn erlösen. Die Zeit dafür läuft ab, weshalb sich der verwunschene Prinz gar nicht der Hoffnung hingeben will, dass Mirabelle seine Rettung sein könnte. Dann aber nähert sich das ungleiche Paar mehr und mehr an…

Die Geschichte von der schönen Mirabelle, die einen verzauberten Prinzen in Monstergestalt erlöst, gehört zum kulturellen Kulturschatz, ist zigmal adaptiert und damit letztendlich ins kollektive Bewusstsein übergegangen. Eigentlich ein französisches Volksmärchen, erschien die Geschichte erstmals 1740 und erlangte dann in einer etwas gekürzten Fassung 1756 größere Bekanntheit, die dann auch gleich hierzulande unter dem Titel „Die Schöne, und das Thier. Ein Mährchen“ für Furore sorgte. Das Grundmotiv des verzauberten Prinzen findet sich in zahlreichen Märchen, allen voran dem guten alten Froschkönig, auch in Griechenland, Italien und Russland finden sich ähnliche Motive.

1946 lieferte Jean Cocteau mit seiner wunderbar poetischen Filmfassung (zu Deutsch etwas eigentümlich „Es war einmal“ betitelt) einen Vorläufer des modernen Fantasy-Metiers, bevor dann 1991 eine aufwändige Zeichentrick-Umsetzung die Renaissance der Disney-Filme einläutete (die dann auch in einem Nintendo-Spiel mündete). Auch als Comic erlebte der Stoff seine Umsetzungen, so etwa 2015 von Maxe L’Hermenier und Dem, die in ihrer Fassung (auch bei Splitter erschienen) durchaus frei mit den Motiven des Märchens umgingen (Belles Dorf wird hier von einem fliegenden Schiff angegriffen, das Biest ist der Anführer der Piraten).

In der hier vorliegenden Version legt Trif (u.a. „Thrax“, auch bei Splitter) den Fokus auf den Aspekt, den die Reihe „Splitternackt“ schon nahelegt: der durchaus in der Ursprungsgeschichte angelegte erotische Aspekt wird gerne in den Vordergrund gestellt. Belle erlebt durch den Kontakt mit dem ungezähmten Vitalismus des Monsters ihre eigene Körperlichkeit, entdeckt Sinnesfreuden und muss mehr und mehr feststellen, dass sie weniger den strahlenden Prinzen als vielmehr das urwüchsige (und nebenbei auch monströs ausgestattete) Biest begehrt. Dabei bleibt Trif immer nah an der Vorlage und inszeniert die Geschichte mit leicht märchenhaften, stilisierten Ansichten, in denen Landschaft und Umgebung (der finstere Wald, das verlassene Schloss, der gepflegte Rosengarten) ebenso zentral sind wie die elegant-expliziten physiognomischen Ausflüge. Hochwertig aufgemacht, erscheint der Band mit einem exklusiven Kunstdruck und reiht sich so würdig in die Reihe der Adaptionen. Und wir legen uns jetzt gleich nochmal den schönen Cocteau-Film auf. (hb)

Die Schöne und das Biest
Text: Trif
Bilder: Trif, Andrea Celestini (Farben)
112 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
29,80 Euro

ISBN: 978-3-68950-006-1

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