
Paco Lazaro ist ein Künstler, der offenbar gut von seiner Malerei leben kann. Aber aktuell plant er eine Pause ein, will er sich doch anlässlich der baldigen Geburt seiner Tochter eine Auszeit nehmen und ganz für Frau und Kind da sein. Dann plötzlich, wie aus dem Nichts, liegt die Ankündigung einer Ausstellung namens „Depikto“ vor ihm. In der Galerie „Illusionarium“. Eine Ausstellung seiner Bilder.
Nur: Paco weiß davon nichts, wittert Betrug in seinem Namen und sucht daher schnellstens die ominöse Galerie auf, von der im Internet seltsamerweise keine Spur zu finden ist. Völlig überraschend für ihn begrüßt man ihn dort herzlich, mit offenen Armen und er findet Bilder vor – übrigens alle bereits verkauft -, die er nicht kennt, die aber zweifellos von ihm stammen, mit sehr persönlichen Motiven…
Schon seit einiger Zeit hat der Dantes Verlag den philippinischen Comicmarkt für sich entdeckt – offenbar erfolgreich -, was Titel wie „Trese“, „Death be Damned“, „Sa Wala“ oder „Alandal“ belegen. Und weitere werden bald folgen. Auch „Depikto“ (auf Deutsch „defekt“, bzw. „fehlerhaft“) reiht sich hier ein, geschrieben und gezeichnet von dem in Manila lebenden Ruvel Abril, der hier seine erste Graphic Novel vorlegt.
Der Band beginnt harmlos. In klaren Bildern, mit fein gezeichnetem Strich, sehen wir Paco und seine schwangere Frau Sarah bei der Arbeit und in ihrem Alltag– bis Paco von einem ersten Alptraum heimgesucht wird. Der unterscheidet sich zeichnerisch, wie auch die folgenden. Ruvel Abrils Stil wird hier abstrakter, verzerrter und leicht skizzenhafter, damit weniger bestimmt und erinnert ein wenig an den von Dave McKean in „Cages“.
Im Verlauf der Story, die später komplett in der Galerie spielt, zeigt Abril in den gleichsam für Paco wie auch für Leserinnen und Leser verstörenden (Alp)Traum-Sequenzen (klasse Szene: wenn Paco die vierte Wand durchbricht, sich direkt an uns wendet und versucht die Panels auseinander zu ziehen, um sich zu „befreien“) vor allem visuell eine breite Palette an Anleihen, Zitaten und Reminiszenzen: von Lovecraft über M.C. Escher, bis zu „Das Cabinet des Dr. Caligari“ und Hitchcocks „Spellbound“ (dt. „Ich kämpfe um Dich“).
Das Geschehen wird labyrinthisch, surreal – Realität und Traum scheinen sich bedrohlich zu vermischen – dennoch steuert die Geschichte auf ein klares Ziel zu. Ohne weiter zu spoilern: Pacos alptraumhafte, surreal und expressionistisch inszenierte Tour de Force in das eigene Ich und das, was darin verborgen liegt, wird aufgeklärt. Und das so schlüssig wie eindrucksvoll. Aber lest selbst. (bw)
Depikto
Text & Bilder: Ruvel Abril
160 Seiten in Farbe, Softcover
Dantes Verlag
22 Euro
ISBN: 978-3-68902-011-8