Thrax, Band 1 (Splitter)

Dezember 19, 2024
Thrax, Band 1: Lupi, Fratres, Amantes (Splitter Verlag)

Pompeji im Jahr 835 ab urbe condita, also seit Stadtgründung: der römische Patrizier Primus Pallia hat seit dem Tode seiner Frau Stadt, Politik und Gesellschaft den Rücken gekehrt und lebt mit seiner Tochter Adriana und dem gallischen Sklaven Cleio friedlich am Fuße des Vesuvs. Das stößt auf tiefes Unverständnis seines Bruders Quintus, der ihn vergeblich bewegen will, zurückzukehren – und dabei auch noch mit dem jungen Cleio aneinandergerät, als der feine Herr sich danebenbenimmt. Das Idyll wird jäh zerstört, als im Jahr 79 (vor Christus, nicht ab urbe) der gewaltigste Vulkanausbruch der Antike die Stadt vollkommen zerstört, wobei Primus ums Leben kommt und seine beiden Schützlinge nur durch eine glückliche Fügung entrinnen. In Ostia schlägt sich das Pärchen als Gauner durch, bis Adriana das Nomadenleben satt hat und in Rom ihr Erbe beanspruchen will.

Onkel Quintus hat allerdings die Schmach nicht vergessen und stellt sich als ziemlicher Perversling heraus: genüsslich lässt er Cleio auspeitschen und auf dem Hof des Hauses zum Sterben liegen, während Adriana gewaltsam zu einer ordentlichen römischen Dame „erzogen“ werden soll. Adriana fügt sich wohl oder übel in ihr Schicksal und wird schließlich dem Senator Marco Apronio Bibullo als Frau vermittelt. Der Herr, nicht gerade ein Abbild der Männlichkeit, braucht zum Schein eine schmucke Frau, um einen Nachfolger zu erzeugen, wozu er selbst aber nicht in der Lage ist, weshalb er seinen Sklaven mit dem Verrichten der ehelichen Pflichten beauftragt. Adriana spielt mit und wundert sich nur anfänglich über die Sitten und Gebräuche, in denen der Damen-Freundinnenkreis um die Senatorin Domitilla regelmäßig Gladiatoren ankarren lässt, um sich mit den jungen Männern zu vergnügen. Wie vom Blitz getroffen allerdings ist Adriana dann, als im Kolosseum bei einem Gladiatorenkampf einer der Streiter den Helm abnimmt und niemand anders als Cleio zum Vorschein kommt…

Zustände wie im alten Rom! So möchte man dieses optisch furiose Werk von Trif (dahinter verbirgt sich der Italiener Francesco Trifogli) umschreiben, dessen erster Band durchaus treffend „Lupi, Fratres, Amantes“ betitelt ist: in der Tat geht es um (menschliche) Wölfe, (verräterische) Brüder und (konfliktäre) Geliebte, die in einem wilden (Un)sittenbild aufeinandertreffen. Anfänglich noch beeindruckt von der liberalen Erziehung ihres zum Christentum konvertierten Vaters, nimmt Adriana schnell Standesdünkel und Egozentrik der Patrizier in sich auf, was erst durch die Konfrontation mit dem totgeglaubten Weggefährten gebremst wird. Ein kraftvolles soziales Panorama spannt Trif dabei auf, von den Plebejern und Patriziern, die ausschweifende Orgien ganz selbstverständlich mit öffentlichen Moralpredigten zusammenbringen, bis hin zu den Kämpfern, die entweder von privaten Gladiatorenschulen oder dem Kaiser selbst zur Unterhaltung der Menge in die Arena geschickt werden.

Dabei zeigt Trif jede Menge Sachkenntnis und streut gekonnt als Zeitkolorit lateinische Formulierungen mit ein, von der Matrone (verheiratete römische Frau) über die Jahresbezeichnungen bis hin zu den Gladiatoren, unter denen sich auch der Thrax, auch genannt Thraker, ein eher leicht bewaffneter, wendiger Kämpfer, findet. Die erotische Komponente, die die inoffizielle Verlagsreihe „Splitternackt“ nahegelegt, hält sich im Rahmen und ist nicht als Selbstzweck, sondern handlungsdienlich eingesetzt und spielt sich nicht in den Mittelpunkt. Der gehört den Zeichnungen, die episch-ausladend und eindrucksvoll daherkommen. Zweifelsohne unterhaltsamer als Gladiator II – wir sind gespannt, wie das fatum mit Adriana und Cleio weiter verfährt. (hb)

Thrax, Band 1: Lupi, Fratres, Amantes
Text & Story: Trif
Bilder: Trif, Andrea Celestini (Farben)
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro

ISBN: 978-3-68950-002-3

Tags: , , , , , , , , ,

Comments are closed.