Schon fünf Jahre ist die Schlacht nun geschlagen. Jene bedeutsame Schlacht, die in die Geschichte eingehen wird, in der drei römische Legionen unter dem Feldherrn Varus so vernichtend aufgerieben wurden. Besiegt von dem Cherusker Arminius, der eine römische Erziehung genoss und der nun als Verräter als Roms Staatsfeind Nummer eins gilt. Dort, in der ewigen Stadt, wirbelt der Tod von Kaiser Augustus nun die politische Lage durcheinander. Sein designierter Nachfolger Tiberius ist nicht sonderlich beliebt und rund um den neu ernannten Prätorianerpräfekten Seianus lauert eine Gruppe einflussreicher Personen, die die Macht an sich reißen will.
Und was wurde aus unseren Hauptakteuren Arminius und Marcus, ehemalige Blutsbrüder und dicke Freunde, die sich in der Schlacht als Gegner gegenüberstanden? Marcus, der die Mutter seines Sohnes verloren hatte, finden wir in der Arena als Gladiator wieder. Und auch Arminius ist wieder in Rom, in der Höhle des Löwen, und das aus einem ganz bestimmten Grund…
Im letzten Band präsentierte uns Autor und Zeichner Enrico Marini endlich die Schlacht, auf die die Story viele Jahre lang hingearbeitet hat. Und das auf brachial opulente Weise in beeindruckenden Bildern. Die fand weniger im Teutoburger Wald statt, als in einem düsteren Moor, wo das Desaster für die ignoranten Römer unter General Varus seinen vernichtenden Gang nahm. Die Adler Roms, die Standarten der drei Legionen wurden erobert, Marcus entkam verletzt, während sein Sohn Titus verschleppt wurde.
Der neue Zyklus setzt nun im Jahre 14 n. Chr. ein. Marcus betäubt seinen Schmerz in der Arena, wobei seine Siege erneut Aufmerksamkeit erregen. Auch Morphea, Roms reichste und einflussreichste Hure, ist wieder dabei, wie auch Cabar, Marcus’ ehemaliger Beschützer, der in Diensten Morpheas steht. Sowohl Marcus als auch Arminius werden zu Faktoren der hohen Politik. Verschwörungen, Verrat und Intrigen sind wie gehabt feste Bestandteile der Story, in der auch der verschollene Sohn von Marcus eine wichtige, noch unsichtbare Rolle spielt.
Band 6 behandelt nun lose Enden und macht neue Story-Baustellen auf. Man war ohnehin gespannt, wie Marini nach dem furiosen letzten Band die Geschichte fortführt. Die erfährt hier einen neuen Aufbau, wobei die Rivalität zwischen Marcus und Arminius natürlich weiterhin im Mittelpunkt steht. Dazu kommt die politische Komponente: Germanicus, Adoptivsohn von Tiberius, soll eine Strafexpedition in das finstere Germanien führen, um die Schmach von Varus zu rächen. Wird Marcus wieder dabei sein? Wir werden sehen, wie Marini die Geschichte weiter spinnt, ohne sich dabei zu wiederholen.
Zeichnerisch gibt er sich dabei keine Blöße. Zwar wirken die Gesichter bisweilen hastiger gezeichnet als noch in den Vorbänden. Bemerkenswert ist dabei jedoch immer die „Handarbeit“, der sich Marini verschrieben hat: traditionelles Zeichnen und direktes Kolorieren, ganz ohne Computer. Immer wieder präsentiert in großen, ausladenden Panels. Und natürlich wieder mit diversen erotischen Szenen, schon längst ein Markenzeichen der Reihe. Schön, dass sich Marini nach seinem Noir Burlesque-Zweiteiler wieder den Adlern Roms widmet. Wir sind gespannt, wie es dort weiter geht. (bw)
Die Adler Roms, Buch VI
Text & Bilder: Enrico Marini
88 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
25 Euro
ISBN: 978-3-551-79736-0