Sprache ist eine wunderliche Sache – vor allem, wenn man nicht die gleiche spricht. Den weitreichenden Folgen der (angeblich biblischen) Sprachverwirrung versucht man seit Menschengedenken Herr zu werden, sei es durch Übersetzungen, Wörterbücher oder schieres verzweifeltes Gestikulieren. Ein solch universelles Phänomen geht natürlich auch an den anthropomorphen Bewohnern eines gewissen Duckburg, bekanntlich auch genannt Entenhausen, nicht spurlos vorbei. Ganz im Gegenteil, in ihrer reichen und langen Historie haben sich Micky, Dagobert und Freunde immer wieder an der Sprache versucht, ihre Unzulänglichkeiten besiegt oder auch krachigen Schiffbruch erlitten. Die Herrschaften der deutschen Heimstätte des Entenuniversums Ehapa nehmen dies zum Anlass für eine hübsche Anthologie verschiedenster Entenhausen-Geschichten, die alle in verschiedensten Facetten um das Thema Sprache und Verständigung kreisen.
Am Start ist dabei das gesamte Personal, das man aus dem reichen Fundus dieser Sphären kennt: in „Die Dolmetsch-Pille“ etwa versucht Oberknauser Dagobert, sich die lästigen Kosten für Übersetzer zu sparen. Seine Wissenschaftler entwickeln zwar nach einigen Fehlschlägen eine entsprechende, titelgebende Pille, die aber eine kleine Nebenwirkung hat: nach einer gewissen Zeit verliert man die Fähigkeit, in der eigenen Muttersprache zu parlieren…„Ärger mit dem Unidolm“ gibt es, als Micky und sein intergalaktischer Freund Gamma bei den Vereinten Nationen auftauchen und mit Hilfe eines Universalübersetzers in die Diplomatie eingreifen. Das klappt anfangs bestens, aber dann fängt das Gerät an, nicht das zu übersetzen, was gesagt wird, sondern das, was man sich jeweils dazu denkt – und das ist bei Politikern bekanntlich nicht unbedingt immer deckungsgleich…
Einfallsreichtum und nonverbale Kommunikation ist gefragt, als man Dagobert mitteilt, die „Krone des Dschingis Khan“ sei ihm gestohlen worden. In Katmandu begibt sich der alte Sparfuchs mit Dagobert und den Neffen auf Spurensuche – und sieht sich genötigt, ohne viel Worte einen echten Schneemenschen auf seine Seite zu bringen… Eine „Diktatur der Stille“ erlebt Mickey im Staate Silenzia. Um seinen chronischen Migräne-Anfällen zu entgehen, hat der König des ehemaligen feierfreudigen Landes Kirmesien absolute Stille angeordnet. Die Untertanen müssen über Schrifttafeln kommunizieren, und ein monströser Roboter namens Dezibelator sendet bei der kleinsten Lärmbelästigung automatisch Phonodronen, die für Ruhe sorgen… Eine abgelegene „Insel im Weltall“ sucht Onkel Dagobert, um im Weltall seine Phantastillionen besser lagern zu können. Im Asteroidengürtel will er fündig werden und startet kurzerhand mit Donald und den Neffen eine Expedition ins Sonnensystem. Vor Ort ist man aber keineswegs so alleine, wie es den Anschein hat…
Nicht eine einfache Anthologie, nein, einen hübsch aufgemachten Themenband haben wir hier vor uns, der anders als die mittlerweile fast inflationären Mundart-Ausgaben bekannter Serien (z.B. die Wiesn-Eskapaden unserer Helden im „Lustigen Taschenbuch Münchnerisch“) Sprache in den verschiedensten Kontexten beleuchtet. Neben den insgesamt 19 Geschichten, die allesamt auch anderweitig schon auf Deutsch zu haben waren, bietet das von Janine Eck und Dominik Madecki in dieser Form allerdings als deutsche Originalausgabe zusammengestellte Ducktionary jeweils eine kleine redaktionelle Einleitung in die Themenblöcke („Sprachen lernen leicht gemacht“, „Ohne Worte bei fremden Völkern“, „Sprachlos im Weltall“, „Mit Tieren sprechen“, um nur einige zu nennen), ein Kompendium zu Entenhausener Lautmalereien und eine kleine Kunde von Donalds charakteristischen Gesichtsausdrücken („Enten-Mimik zum Nachschlagen“).
In den Geschichten paaren sich eher modernere Beiträge – in denen teilweise ein überraschend ernsthafter Hauch von „1984“ und anderen totalitären Visionen weht, in denen Sprache bekanntlich ja auch oft als Instrument der Unterdrückung missbraucht wird – mit wunderbaren Klassikern aus der Feder des legendären Carl Barks, dessen Vorliebe für die Science Fiction seiner Zeit vor allem in der Uncle Scrooge-Story „Island In The Sky“ aus dem Jahr 1960 zum Tragen kommt: da rasen die Entenhausener in einer originalgetreuen Flash Gordon-Rakete an Raumstationen vorbei, die direkt aus George Pals knallbunten Space Operas der 50er entlehnt sein könnten. Die Barks-Geschichten (auch dabei ist „Flour Follies“ von 1954 und „Donald’s Raucous Role“ von 1955) bieten denn auch – wen wundert’s – die erzählerischen Leckerbissen der Anthologie, die in der kongenialen Übersetzung von Erika Fuchs nach all den Jahren noch im alten Glanz erstrahlen.
So entsteht ein anschauliches und unterhaltsames Vademecum, das auch in seiner Aufmachung äußerst peppig ist: das Handbuch in charakteristischem Gelb inklusive blauem Großbuchstaben kennt man natürlich aus hierzulande einschlägigen Wörterbüchern. Somit absolut essentiell nicht nur für die „polyglott globetrottende Ente“, sondern für alle Freunde Duckburgs. (hb)
Ducktionary: Für die polyglott globetrottende Ente
Text & Bilder: Carls Barks, Mau Heymans u.v.a.
312 Seiten in Farbe, Hardcover
Egmont Comic Collection
20 Euro
ISBN: 978-3-7704-3998-0