Zeitreisen sind gefährlich, davon können alle Chrononauten ein Liedchen singen, vom Time Traveller bei H.G. Wells bis hin zum Tardis-Piloten Dr. Who. Harleen Quinzel zeigt sich allerdings recht unbekümmert, als ihr bei einem Abstecher zu ihrer alten Bande auf Coney Island ein mysteriöser Professor Incredulous per Brief eine seltsame Kiste vermacht. Die trägt den vielversprechenden Titel „The Way Back Booth“ und entpuppt sich als Zeitmaschine, die Harley in eine wahrlich erschröckliche Zeitebene katapultiert: die umherirrenden Menschen tragen ausnahmslos einen kleinen Seestern auf dem Gesicht, der sie zu kontrollieren scheint. In anderen Worten: Starro was here! Als es zur Rauferei kommt, rettet eine vermummte Gestalt unsere Clown-Prinzessin und offenbart sich der staunenden Harley alsbald als – sie selbst.
Willkommen im Multiversum – Harley hat auf ihrer Zeitreise, an die sie sich nicht mehr erinnern kann, wohl das ganze DC Universum ordentlich durcheinandergeworfen und zumindest in dieser Zeitlinie verhindert, dass die ruhmreichen Helden der Gerechtigkeitsliga jemals entstanden. Wodurch der grimme Starro natürlich freie Bahn hatte und die Menschheit mit Facehuggern beglückte, von denen sich die Parallel-Harley in einem glücklichen Moment befreien konnte. Das können die beiden nicht so stehen lassen und machen sich auf eine wilde Reise zum Ursprung der Helden, um die versehentlichen Missetaten der zeitreisenden Harley gerade zu biegen.
Auf Krypton etwa platzte Harley geradewegs in den Raketenstart und reiste anstelle des kleinen Kal-El selbst zur Erde, während der Planet nebst Superman in spe explodierte, was man eilends berichtigt. In Central City schmeißt die verhaftete Harley in der Polizeistation ein Regal mit Chemikalien um, wodurch Barry Allen vom Blitz nicht in den Flash verwandelt, sondern nur geröstet wird. Korrigiert, check. Auf Themyscira zerdeppert eine tollpatschige Harley die Lehmfigur, die Königin Hippolyta gerade formt – auch hier greift man im Nachhinein ein, damit es Diana aka Wonder Woman geben kann. So versucht das ungleiche Duo, die Zeitlinie zu begradigen, während Starro ihnen seine eigene Version der Suicide Squad auf den Hals hetzt…
Eine wilde, bunte, spaßige Achterbahnfahrt durch die gesamte DC-Origin-Landschaft kredenzt uns Harley-Hausautor Frank Tieri (u.a. Old Lady Harley) hier, mit viel Augenzwinkern und auch direktem, politisch herrlich unkorrektem Humor. Harley stolpert durch jede Schöpfungsszene der Original-Gerechtigkeitsliga, die es gleich in ihrem ersten Abenteuer in den Brave and the Bold 28 von 1960 mit dem intergalaktischen Seestern Starro dem Eroberer zu tun bekam – eine Ausgabe, deren Cover Zeichner Logan Faerber hier originalgetreu einbastelt.
Neben der Urbesetzung mit Superman, Wonder Woman, Flash und weiteren Freunden darf auch eine bizarre Fassung der Suicide Squad ran, allesamt kontrolliert von Facehuggern – Alien lässt ebenso grüßen wie die legendären „Puppet Masters“ von Robert A. Heinlein. Nicht mehr zählbar sind die Gags, die eine permanent kalauernde Harley permanent einwirft – da verlangt die Holde nach Snacks, aber bitte nichts mit Rosinen und schon gar keine Rosinen, da verteilt sie Backpfeifen „Dafür, dass Du denkst, Clooney wäre der beste Batman – nicht mal Clooney denkt das!“.
Auf Krypton wähnt sie sich inmitten einer Bar Mitzwah-Feier mit gefilte Fisch (eine hübsche Reminiszenz auf das jüdische Erbe der Superman-Schöpfer Jerry Siegel und Joe Shuster, die in Superman den Originaltypen des Einwanderers fabulierten, der unerkannt zum Helden seiner neuen Heimat wird, was Michael Chabon in seinem Roman „The Amazing Adventures of Kavalier und Clay“ wunderbar beschrieb), die Paradiesinsel Themyscira nimmt Harley als Eldorado wahr („Lauter Lesben in schwerer Rüstung!“) – so geht der non-PC-Reigen bunt ins Gehölz. Zeichnerisch inszeniert Logan Faerber die Chose bewusst cartoonhaft, immer in Anlehnung an die Herkunft Harleys in der TV-Serie „Batman Animated Adventures“. Der vorliegende Band enthält die komplette Miniserie „Multiversity: Harley screws up the DCU“ 1-5 auf 164 Seiten im Softcover. (hb)
Harley zerlegt das DC-Universum
Text & Story: Frank Tieri
Bilder: Logan Faerber
164 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
19 Euro
ISBN: 978-3-7416-3509-0