Ant-Man: Damals, heute und in Zukunft (Panini)

März 31, 2023
Ant-Man: Damals, heute und in Zukunft (Panini Comics)

Freizeitvergnügen mit Hindernissen: da will Hank Pym einfach nur mal mit Janet van Dyne im Kino abhängen und den neuen Fantastic Four-Streifen ansehen, wird aber von einem halbstarken Rüpel mit Popcorn beworfen, der dem späteren Ant-Man Eric O’Grady ziemlich ähnlich sieht. Hank setzt sich per Ameise erfolgreich zur Wehr, sieht sich aber alsbald mit einigen seiner Erzfeinde konfrontiert, die ihm ans Leder wollen, allen voran dem „Protector“ und dem irren Time Master. Mit tatkräftiger Unterstützung von Janet gelingt es Hank mit einem Trick (er lässt sich von Time Masters Atomkanone absichtlich erwischen, altert und entkommt so seinen Fesseln) zu obsiegen, aber in der Hitze des Gefechts wird er davonteleportiert und mit Black Ant, dem Ant-Man der Zukunft konfrontiert, der ihm eröffnet, dass er zur Rettung der Zukunft dringend gebraucht würde.

Ähnlich geht es auch Eric O’Grady, dem nach eigenen Worten niederträchtigsten Kollegen in der Rolle des Ant-Man. O’Grady hat Pyms Anzug gestohlen, Scott Lang ist tot, und ein Skrull, der sich als Hank Pym ausgibt, infiltriert SHIELD. Willkommen in den „Nuller-Jahren“, in den O’Grady feststellt, dass in seinem Anzug die berühmten Pym-Partikel fehlen, mit denen der Schrumpfungsprozess in Gang kommt. Wo anders sollte man eine Ration davon finden als im Grab von Scott Lang? Als O’Grady sich daran macht, die Leiche auszugraben, rasselt er mit dem Skrull zusammen, der sich als Pym ausgibt und um seine Tarnung fürchtet – worauf beide im Handgemenge postwendend ebenfalls in die Zukunft teleportiert werden.

Runde Drei geht dann direkt an Black Ant: der Roboter, der den schurkischen O’Grady im Ameisenmann-Kostüm ersetzen sollte, macht sich seine eigenen Gedanken. Auf dem Avengers Mountain rätseln Iron Man und Thor darüber, wie man den gefangenen Ultron, der O’Grady getötet hat, am besten dauerhaft entsorgt. Scott Lang und Töchterchen Cassie bieten sich an, den Kollegen ins Mikroversum zu verfrachten, wofür sie den Androiden-Fiesling in Pyms Labor nach New York überführen. Black Ant, der als mit sich hadernder Roboter eine Affinität zu Ultron in sich trägt, befreit den Killer-Roboter, der sich als Allvater Ultron wieder einmal daran macht, alles Leben auf der Erde zu zerstören. Und damit schließt sich dann der Kreis des Zeitreigens: der Biochemiker Zayn Asghar versucht, seine düstere Zukunft zu vermeiden, indem er Ameisenmänner aus verschiedenen Epochen sammelt, um mit vereinten Ameisen-Kontroll-Kräften auf den wildgewordenen Ultron loszugehen…

Einen wahrhaft wilden Ritt durch die Epochen kredenzt uns Al Ewing hier, angefangen vom Original-Ant-Man Hank Pym, den – natürlich – Stan Lee, Larry Lieber und Jack Kirby bereits 1962 ersannen, seinerzeit zunächst als one-shot „The Man in the Anthill“ in Ausgabe 7 der „Tales to Astonish“, was sich jedoch bald zur vollgültigen eigenen Figur des Wissenschaftlers mauserte, der dank Schrumpfgas seine Größe manipulieren kann. Pym wurde zum Gründungsmitglied der Avengers, nutzte seine Erfindung noch in anderen Inkarnationen als Giant-Man und Yellowjacket (beides im Marvel Cinematic Universe zu bestaunen) und tut sich schließlich als genialer Erfinder der künstlichen Intelligenz Ultron hervor, die alsbald ein Eigenleben entwickelt, das letztendlich auch hier Triebfeder des Geschehens ist.

Mit den Kunstgriff des Zeitreisenden, der Antmänner aller Epochen sammelt, lässt Ewing auch Scott Lang auftreten, den Dieb, der in Avengers 181 von 1979 Pyms Anzug stahl, um seiner Tochter Cassie zu helfen und seitdem zum veritablen Helden avancierte (und der im durchaus fulminanten ersten Leinwandabenteuer in den Mittelpunkt rückte). Der Lumpensohn Eric O’Grady, der eigentlich Pyms Labor bewachen sollte, riss sich den Anzug dann Mitte der 2000er unter den Nagel (genauer gesagt in „The Irredeemable Ant Man“ 1 von 2006) und fungierte damit als Ameisenmann Nummer 3, den dann nach seinem Ableben ein gleichnamiger Android beerbte. Mit dem Kunstgriff der Zeitreise, die der Biochemiker Asghar mittels vorgefundener Zeitmaschine von Doktor Doom unternimmt, führt uns Ewing den kompletten Reigen der Ameisenmänner vor, wobei jede Episode liebevoll im Stil der jeweiligen Epoche gestaltet ist, von den Kirby-artigen Zügen der Pym-Story bis zu den eher knalligen Ausritten der Millennial-Phase.

Erzähltechnisch liefert Ewing dabei launig-augenzwinkernd ein quasi-computergesteuertes Leseprogramm, das unter dem Titel „Mrvl Erzählerlebnis“ durchs Geschehen führt, jeweils am Ende einer Episode die „Cliffhanger-Sequenz“ initiiert und in der Mitte eine groß angelegte „Hintergrundwissen-Sequenz“ einspielt, die die Background-Story von Ewings Miniserie „Ultron Forever“ (erschienen in den Avengers und New Avengers 2015), in der der fiese Roboter erst Odin tötet und dann als Allvater Ultron die Welt terrorisiert, für jeden Leser nachvollziehbar macht. Dieses schmissige Lesevergnügen wird in die deutschen Ausgabe lobenswerterweise ergänzt durch zwei klassische Ant-Man-Stories, die jeweils die Basis für Handlungselemente bieten: mit dem „Protector“ geriet der originale Ant-Man Hank Pym schon in Heft 37 der „Tales to Astonish“ aneinander, wo Pym einem rabiaten Schutzgelderpresser das Handwerk legt, der sich als Juwelier Marsh herausstellt. In Heft 43 legte sich dann der Mad Time Master mit Ant-Man und der ganzen Welt an, als der gefeuerte Wissenschaftler Elias Weems aus Enttäuschung über seine Entlassung einen Alterungsstrahl entwickelt, damit aber letztendlich scheitert.

In diesen beiden Reprints finden wir wohlig erinnerte Motive wie den ikonischen kybernetischen Helm, Schrumpfgas, das Katapult, mit dem sich Ant-Man jeweils an den Ort des Geschehens schleudert, einen Mini-Aufzug ins Pymsche Labor und diverse pseudowissenschaftliche Methoden wie die „Hyper-Energie“ und den „Antimaterie-Energiestrahl“. Vor allem aber sind die Geschichten durchzogen vom typischen human touch des Marvel-Universums: der alternde Wissenschaftler Weems ist ein klares Opfer von Altersdiskriminierung, was auch Hank Pym erkennt und sich für die Rehabilitierung des verbitterten Mannes einsetzt. Da war die Berufswelt eben noch in Ordnung. Somit ein wunderbarer Sammelband, der sicherlich nicht zuletzt als Vorgeschmack auf das letzte Ant-Man-Kinoabenteuer „Quantumania“ dienen sollte, aber zweifelsohne mehr überzeugt als das doch eher zwiespältige Leinwandvergnügen. (hb)

Ant-Man: Damals, heute und in Zukunft
Text & Story: Al Ewing, Larry Lieber, Stan Lee
Bilder: Tom Reilly, Jack Kirby, Don Heck
124 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
15 Euro

ISBN: 978-3-7416-3171-9

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