Noch ganz berauscht vom Multimedia-Spektakel, in dem die Herren und die himmlische Sharon von Within Temptation ihr Epos von den Unforgiving auf der Bühne inszenierten (24.11. München, 25.11. Neu-Isenburg), machen wir uns erwartungsfroh an Teil 4 der gleichnamigen Comicsaga aus der Feder von Steven O’Connell und Romano Molenaar. Oder? Nein, nicht ganz, denn Herr Molenaar hat den Stift erst mal hingeschmissen und Martin Montiel überlassen (von dem hierzulande bei Infinity diverse Darkness-Hefte erschienen). Und das ist gar nicht erfreulich. Denn durften wir in Band 1 noch ein furioses visuelles Fest im besten Witchblade-Stil erleben, wirkte schon die zweite Ausgabe eher ein wenig achtlos hingeschludert. Numero drei war wieder schöner anzuschauen, aber was Meister Montiel hier abliefert, markiert einen klaren Qualitätsschub – leider nach unten.
Die Physiognomie der Figuren passt oft nicht, die Hintergründe wirken überwiegend leer und lieblos gestaltet. War die kraftvolle Umsetzung Molenaars in Heft 1 noch kongenial zur vielversprechenden Story mit zutiefst faszinierenden moralischen Ambivalenzen (kann Schuld durch mehr Schuld gesühnt werden?), entspricht die abnehmende künstlerische Qualität leider allerdings auch dem Inhalt, der ebenfalls zusehends verflacht: Wieder mal geschieht ein Mord, ein seltsames Spawn-ähnliches Monster entsteht daraus, der geheimnisvolle Schuh-Killer schlägt wieder zu, und die Protagonistin Janyce erhält von Mother Maiden und Sinead eine kleine Lehrstunde in Sachen Unforgiving – deren erster, offenkundig fehlgeschlagener Auftrag die Jagd auf Jack the Ripper war. Dann gibt‘s noch einen relativ unmotivierten Cliffhanger – Sinead konfrontiert eine finstere Gestalt – und dann ist’s aus.
Je mehr die Serie fortschreitet, desto weniger kann man sich des Eindrucks erwehren, dass die Macher mit Schwung und Ideenreichtum ans Werk gingen, beides aber mittlerweile nahezu vollständig abhanden gekommen ist und man die Sache mehr oder weniger routiniert abspult. Gute Konzepte und Figuren werden verschenkt (Mother Maiden ist meilenweit entfernt von der düsteren Gestalt aus Teil 1), die komplexen Aspekte der Story fallen mehr und mehr unter den Tisch. Vielleicht weiß Herr O’Connell ja auch nicht so recht wohin die Reise denn eigentlich geht? So herausragend die konzertante Inszenierung der story auf der Bühne geriet, so enttäuschend wird diese Serie langsam aber sicher. Wir bleiben dennoch dran. Immerhin wollen wir ja wissen wie die ganze Sache ausgeht.
Ach ja: Bestellbar wie immer nur bei www.within-temptation.com. (hb)
Within Temptation: The Unforgiving, Heft 4
Text: Steven O’Connell
Bilder: Martin Montiel
36 Seiten in Farbe, Softcover, Heftformat
Within Temptation Entertainment BV (Eigenverlag)
wie immer: nur 2,95 Euro