Paris, 1793. In den Wirren der Französischen Revolution taucht ein mysteriöser junger Mann auf: Jules Stern aus Khazaria (engl. – das Reich der Chasaren existierte mit dem Kerngebiet zwischen dem Schwarzen und Kaspischen Meer im 7. bis zum 10. Jahrhundert) – Yslaire Fans kennen die Figur bereits aus Der XX. Himmel. Zur gleichen Zeit eröffnet Jacques-Louis David, berühmter Maler und Mitglied des Sicherheitsausschusses den Louvre (das ehemalige Königsschloss) als Museum.
David erhält von Robespierre zwei Aufträge: er soll das Höchste Wesen malen, das anstelle der verteufelten Religion treten soll. Und er gibt ein Bild des 13-jährigen Bara in Auftrag, der im Kampf getötet wurde und im Zuge der Propaganda als Held der Revolution hoch stilisiert werden soll. Für David ist der junge Jules Stern das ideale Modell. Aber nicht für das Bara-Bild, vielmehr soll er dem Höchsten Wesen ein Gesicht geben. Doch Jules wird denunziert und stirbt unter der Guillotine…
Ein äußerst bemerkenswerter Band, der nur im Original auf französisch und als englische Übersetzung vorliegt (als Graphic Novel, ja nee, is klar). „Schirmherr“ ist der Louvre. Unter dessen Ägide erschienen auch Comics von Marc-Antoine Mathieu, Eric Liberge und Nicholas DeCrecy. Alles bekannte Namen. Aber Le ciel… schießt den Vogel ab. Zeichner ist der Belgier Bernar Yslaire (d.i. Bernard Hislaire, Jahrgang 1957), der mit Sambre in den Comic-Olymp aufstieg und dessen Werke rar gesät sind (neben Sambre erschien auf deutsch Der XX. Himmel und Krieg der Sambres, letzteres nur als Autor). Und Jean-Claude Carriere ist ein echtes Schwergewicht. Er ist seit Ende der Fünfziger Jahre als Drehbuchautor im Filmgeschäft, arbeitete mit Regiegrößen wie Luis Bunuel, Jean-Luc Godard, Milos Forman oder Louis Malle zusammen und schrieb neben Belle de Jour auch das Skript zur Blechtrommel.
Im Gegensatz zu Sambre oder dem XX. Himmel sind Yslaires Bilder hier skizzenhafter angelegt. Was an der enormen Ausdruckskraft nichts ändert. Eine Besonderheit des Bandes ist, dass Handlungsfäden oder Gespräche nicht immer mit Comicpanels beendet werden. Vielmehr gehen diese in Rohskizzen und schließlich in Fließtext über – ein elegantes Stilmittel, das den Begriff Graphic Novel dann doch legitimiert.
Es wäre natürlich kein Buch über den Louvre, wäre dabei der Kunst nicht Genüge getan. So sind die Seiten mit Gemälden Davids (und anderer) gepflastert. Und die sind so in die Panels integriert, dass sie als Reproduktion nicht wie Fremdkörper in den Zeichnungen wirken. Vielmehr sind die Gemälde die heimlichen Stars des (fast quadratischen) Bandes.
Fazit: Ein wunderschöner, edler Geschichtscomic, der durch die Beteiligung des Louvres geadelt, aber kaum jemals auf deutsch erscheinen wird. (bw)
Text: Jean-Claude Carriere
Bilder: Bernar Yslaire
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Futuropolis (fr.) / NBM ComicsLit (engl.)
ca. 15-20 Euro
ISBN 978-2754800952 (franz. Ausgabe, 2009)
ISBN 978-1561636020 (engl. US-Ausgabe, 2011)