Pierre Dragon ist gehört zum Renseignements Généraux, kurz RG, dem Geheimdienst der französischen Polizei. In seinem zweiten Fall ist er dem Kopf einer Pariser Schleuserbande auf der Spur. Der bringt illegal Thais nach Frankreich, wo sie für einen Hungerlohn täglich zwölf Stunden in ebenso illegalen Schneidereien schuften müssen, um über mehrere Jahre die Kosten der Reise zu begleichen. Moderne Arbeitssklaven. Nach monatelanger akribischer Polizeiarbeit, die v.a. aus Beschatten besteht, schlagen Dragons Männer zu.
Eine Reality-Doku-Graphic-Novel, um den arg strapazierten Begriff des grafischen Romans mal etwas zu variieren. Dragon ist Autor und Hauptakteur in Personalunion. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich ein echter Beamter des RG, dementsprechend soll die Story auch authentisch sein. Wer also Action und Spannung erwartet, ist hier falsch. Selbst die Verfolgung am Ende hat etwas von dokumentarischem Charakter. Vielmehr bekommt der Leser einen Einblick in alltägliche Ermittlungsarbeit. Garniert mit allen Problemen, die ein Polizist so haben kann: Ein Kollege, dessen Mutter schwer krank ist, ein anderer, der sich als Neider und Intrigant entpuppt, eine Affäre mit der Untersuchungsrichterin, die sogleich Beziehungsprobleme offenbart. Klingt etwas nach Dokusoap, hat aber so viel Niveau, um stets die Kurve zu kriegen.
Zeichner (und Mitautor) ist Frederik Peeters, dessen „Blaue Pillen“ 2006 bei Reprodukt erschien. Seine Strich ist unkonventionell (an die Augen der Akteure kann ich mich gar nicht gewöhnen) und unspektakulär, unterstreicht damit aber den Doku-Charakter der Story. Die Farben sind jetzt differenzierter und etwas heller als im ersten Band. Das Lesen muss man sich aber erarbeiten, denn das wackelige Handlettering dürfte nicht jedermanns Sache sein. Ich meine aber, es passt sehr gut zu den Zeichnungen. Man gewöhnt sich daran.
Insgesamt eine klare Steigerung zum ersten Band (der 2009 erschien). Eine Reihe aus der Abteilung „mal was anderes“. Die falsche Schreibweise von Bangkok auf dem Titel (siehe Bild) ist aber schon etwas peinlich… (bw)
Text: Pierre Dragon, Frederik Peeters
Bilder: Frederik Peeters
112 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
16,90 Euro
ISBN 978-3-551-77809-3