Gloria Victis, Band 1 (Splitter)

September 9, 2015

Gloria Victis, Band 1 (Splitter)

Römische Provinz Hispanien, wir schreiben das Jahr 156. Diocles ist ein gefeierter Wagenlenker, der seinen ehemaligen Zögling Hermeros in einem Rennen in der Provinz herausfordern möchte, um ihn eine Ehre zu erweisen. Das Spektakel gerät außer Kontrolle, als der nicht umsonst „der Irre“ genannte Victor Kopf und Kragen riskiert, um den Sieg an sich zu reißen. Er provoziert einen Zusammenstoß, bei dem Hermeros vor den Augen seines Sohnes Aelio stirbt. Aber auch er selbst kommt buchstäblich unter die Räder, als er von seinem eigenen Sohn überrollt wird und sein Leben lässt.

Zwölf Jahre später: der junge Mann Aelios, Waise und Sklave, rettet durch ein wagemutiges Manöver die kratzbürstige Frau des noblen Caius Gratius Nigrinus, deren Pferd mitsamt Wagen durchgeht. Als Dank lädt ihn Nigrinus zunächst zum Essen ein und macht ihn schließlich zum freien Mann – unter einer Bedingung: er nutzt seine außergewöhnliche Begabung, mit Pferden umzugehen, um aus Nigrinus Zucht einen siegreichen Rennstall zu machen. Aelio, der sich seit dem schicksalhaften Tag vor 12 Jahren geschworen hat, niemals ein Rennen zu fahren, willigt ein – solange er nicht selbst die Wagen lenken soll, nimmt er seine Freiheit gerne an. Aber bald gerät er zwischen die Fronten: Nigrinus‘ Frau lässt sich von ihm gerne „verwöhnen“, wobei ihm kaum eine andere Wahl bleibt, obwohl er doch viel lieber mit der Sklavin Fabia anbandeln würde. Und nachdem sich Nigrinus‘ ehemaliger Champion Fiscus als unfähiger Trunkenbold herausstellt, den Aelio bei Trainingsrennen regelrecht demütigt, wird immer fraglicher, wie lange sich der geniale Fahrer seinem Schicksal entziehen kann – zumal der junge Victor gierig auf Rache an denen dürstet, denen er die Schuld am Tod seines Vaters gibt…

Gloria Victis – die Ehre der Besiegten: in seinem Erstlingswerk setzt Juanra Fernández den vergessenen Helden ein Denkmal, die in der Antike die Arenen des römischen Weltreichs bevölkerten und zu regelrechten Stars avancierten. Historisch verbürgt ist dabei die Figur des Diocles, der sich sage und schreibe 1462 Mal den Siegeslorbeer aufsetzen durfte, aber Fernández legt den eigentlich Fokus ganz bewusst auf die Namenlosen, die in ähnlicher Form wie Hermeros und Aelio zu Hunderten die Rennstrecken füllten. Dabei grenzt sich der Kollege ganz bewusst von der Ikone Ben Hur ab, die im allgemeinen Bewusstsein das römische Wagenrennen per se kristallisiert: seine Rennen sind bewusst an die historische Realität angelehnt, es treten stets vier Wagen mit den Farben ihrer Rennställe (grün, rot, weiß, blau) gegeneinander an, und am Rande des Spektakels blüht – wie noch heute – das Wettgeschäft, bei dem der überhebliche Romulus alles setzt und alles verliert.

Neben der ebenso historischen brutalen Sklavenhaltung und Freiheit, die sich durch Besitz definiert, stellt Fernández das persönliche Drama eines jungen Mannes, der sich zwischen den Verlockungen der Freiheit und des Ruhmes auf einer einen Seite und seinen inneren Dämonen auf der anderen entscheiden muss. Mateo Guerreros Zeichnungen bestechen durch ihren Realismus – die Ausführung der Pferdegespanne und Kostüme sind bemerkenswert – und Detailverliebtheit, die vor allem in den großen Tableaus der Pferderennen und der spektakulären Verfolgungsjagden zum Tragen kommt. So entsteht ein mitreißendes, historisch hinterlegtes, aber zutiefst persönliches Bild einer prägenden Epoche, deren allzu menschliche Züge wie Schaulust, Spielvergnügen und Menschenverachtung teilweise bis heute Gültigkeit haben. Band 2, ‚Der Preis der Niederlage‘, ist in Vorbereitung. (hb)

Gloria Victis, Band 1: Apollos Sohn
Text: Juanra Fernández
Bilder: Mateo Guerrero
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-123-9

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