
Endlich Uni! Im August 2018 steht der Neustudent Gao Ying voller Vorfreude vor der Kunstakademie in Kanton. Und kann nicht hinein. Denn er hat sich im Datum geirrt und ist einen Tag zu früh dran. Deshalb ist auch das Wohnheim noch geschlossen – als Ausweichquartier wird ihm eine nahe Unterkunft empfohlen. Das „Hotel zur glorreichen Quing-Dynastie“ findet er in einer schmalen Gasse. Es wird von einem scheinbar verschrobenen Männlein betrieben, das sich Onkel Guan nennen lässt.
Onkel Guan, stets mit Sonnenbrille am Start, prägt dann auch mit seiner unergründlichen wie skurrilen Art – so wirft er gerne mit anzüglichen Visitenkarten um sich – die ersten Kapitel der Geschichte, die sich anfangs als Zweipersonenstück präsentiert. Denn Gao Ying widerfährt in diesem kargen, altmodischen Hotel Seltsames, das er nicht einordnen kann. Oder hat er nur wilde Träume? Wohl kaum…
Der Horror schleicht sich langsam ein in die Story. Er beginnt ganz genretypisch klein mit scheinbar nebensächlichen Dingen, die Gao Ying noch nicht einordnen kann (das mehrfache Klingen eines Glöckchens), oder mit Schreckmomenten, die sich in Wohlgefallen auflösen (die beiden Jogger). Dann scheint Onkel Guan ein Mysterium zu umgeben, das noch nicht fassbar ist. Zwar weiß er alle übernatürlichen Verdachtsmomente gegen ihn argumentativ zu entkräften, dennoch traut man ihm nicht.
Dazu sorgt er mit seinen trockenen Sprüchen für eine Portion Humor, der so gar nicht zu seiner Figur zu passen scheint und der gerade deshalb zündet (inkl. Meta-Bemerkung, als Guan erwidert: „Spar‘s Dir, das vorige Kapitel haben alle gelesen“). Nach einem ersten „Horror-Trip“, in dem unser Erzähler Gao Ying im Mittelpunkt steht, tut dieser das Erlebte noch als Alptraum ab. Bis mehrere Gestalten auftauchen, die die Lage im Hotel vollends eskalieren lassen. Dann dominieren auch Action-Szenen, denen nicht immer leicht zu folgen ist.
Das Old Dark Hotel. So geräumig wie karg. Autor und Zeichner Mo Fei, der für „The Last Dynasty“ mehrfach ausgezeichnet wurde, arbeitet weniger mit klaustrophobischen Engen oder düsterer Atmosphäre. Stattdessen sind Hotel und Zimmer zwar alt und nicht gerade sauber, aber geräumig. Und trotz massivem Einsatz von Schwarz spart Mo Fei nicht mit kräftigen Farben. Was uns zu dem außergewöhnlichen Format bringt – wahlweise doppeltes Manga/Manhua-Format, was die Höhe betrifft, oder halbes Album-Format, die Breite betreffend.
Das ergibt ein schmales Panelgefüge, das waagrecht wenig Spielraum lässt, das senkrecht aber fließende Bildfolgen ermöglicht. Überhaupt ist der Zeichenstil Mo Feis sehr präzise, mit feinen Linien und Details. Und Übersetzer Johannes Fiederling sorgt mit seinen Anmerkungen für tiefere Einblicke und Hintergründe (Stichwort Geistermonat). Die Story deutet an, dass hier noch so einiges kommt – die Geheimnisse des Hotels und die Rolle seiner Bewohner sind noch lange nicht gelüftet. Band 2 ist in Vorbereitung. (bw)
The Last Dynasty, Band 1
Text & Bilder: Mo Fei
274 Seiten in Farbe, Softcover
Chinabooks
19,90 Euro
ISBN: 978-3-03887-026-5