Petzi ist putzig. Aber ein Comic? Viele (zumindest von den Älteren) kennen den Bären Petzi und seine Abenteuer aus den gleichnamigen kleinformatigen, bunten Büchern. Aufgrund des niedlichen Zeichenstils und der kindgerechten Handlung und nicht zuletzt aufgrund des Fehlens jeglicher Sprechblasen (der Text steht, wie bei Prinz Eisenherz, unter den einzelnen Panels), gingen die Petzi Publikationen stets als Kinder- oder Bilderbuch durch, nicht als Comic und so blieb ihnen die Comichatz (Stichwort Schundliteratur) der Fünfziger erspart.
Der Comicstrip entstand 1951 in Dänemark. Zeichner und Schöpfer war Vilhelm Hansen (bis 1966), seine Frau Carla steuerte die Handlung bei. Der kleine Bär Petzi beschließt, mit seinen Freunden Pingo, einem Pinguin und Pelle dem Pelikan (später mischt auch Seebär, der Seehund mit), ein Schiff zu bauen. Nun – eigentlich ist zu Beginn nur ein Steuerrad vorhanden, das ursprünglich ein Fahrrad werden soll. Schließlich, nach etlichen Seiten und mit Hilfe von anderen Freunden entsteht ein stattlicher Kahn, der Mary – nach Petzis Mutter – getauft wird. Natürlich sticht man in See und beschließt sogleich, auf große Fahrt in Form einer Weltreise zu gehen.
Der andauernde und weltweite Erfolg von Petzi ist schwer erklärbar. Die Serie widersetzt sich erfolgreich den gängigen Eigenschaften eines Comicstrips: Es gibt keine Cliffhanger. Die Handlung plätschert stets in ruhigem Fahrwasser dahin. Spannungsbögen gibt es kaum, Episode reiht sich brav an Episode. Und der Zeichenstil ist unkompliziert, naiv und war, wie es im Vorwort heißt, schon damals veraltet gewesen. Aber vielleicht sind gerade das die Zutaten, die die Serie gegen den Strom schwimmend so erfolgreich werden ließen. Alle handelnden „Personen“ sind stets gutgelaunt. Selbst vermeintliche Engpässe oder Krisen werden mit einem Lächeln und mit Gottvertrauen gemeistert. Kein Benzin mehr an Bord? Kein Problem, wird schon. Auf einem Wal gestrandet? Egal, der ist ja nett. Alle sind immer hilfsbereit, völlig unentgeltlich. Kopfüber geht’s ins Abenteuer. Es wird gut enden, das ist sicher. Petzi & Co mit ihrer kindlichen Naivität erweisen sich als wahre Vorfahren von Spongebob und Patrick.
Warum jetzt diese opulente Werkschau, die die gesammelten Reiseabenteuer von 1951 bis 1955 umfasst (14 Episoden, ein zweiter Band folgt im April 2014)? Dazu einige little known facts: Petzi war ursprünglich ein Zeitungsstrip, der aus zwei bis drei Panels pro Streifen bestand. Die Zeichnungen waren schwarz-weiß und wurden erst später für die Buchveröffentlichungen koloriert. Der Carlsen Verlag wurde ursprünglich eigens für die deutsche Veröffentlichung eben dieser Bücher gegründet. Das war 1953. Und – wichtig – für die farbigen Petz-Bücher wurde der Strip ummontiert. Etliche Panels wurden ersatzlos gestrichen, was die Reihe massiv beschnitt. Hier sind erstmals alle Panels in der Urform enthalten, im ursprünglichen Format und im ursprünglichen schwarz-weiß. Lobenswert und für Comic-Enthusiasten und Sammler ein wahres Fest.
Der Sekundärpart, der solche Gesamtausgaben stets ziert und ergänzt, befasst sich mit der Entstehung Petzis im Kontext mit dem Leben der Hansens und am Ende beschließt den Band eine Analyse des Strips, beides verfasst von Per Sanderhage, der selbst Petzi Comics schrieb und zeichnete. Ein überaus schöner Band, der die Ursprünge und den Werdegang des beliebten, „putzigen“ Comics vertieft und den interessierten Leser vollauf zufrieden stellt. Daneben ist der Band in seiner edlen Aufmachung eine Zierde für jedes Comicregal. Wer – ergänzend dazu – Petzi in Farbe und im bekannten Buch-/Montageformat lesen will, dem sei der Sammelband Petzi: Die besten Geschichten empfohlen, der im Sommer aus Anlass des 60. Jubiläums der Petzi-Bücher (und damit auch des Carlsen-Verlags) in Deutschland erschien. (bw)
Petzi – Die gesammelten Reiseabenteuer, Band 1: 1951-1955
Text: Carla Hansen
Bilder: Vilhelm Hansen
368 Seiten in schwarz-weiß und Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
39,90 Euro
ISBN: 978-3-551-73543-0
Petzi – Die besten Geschichten
Text: Carla Hansen
Bilder: Vilhelm Hansen
256 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
14,90 Euro
ISBN: 978-3-551-73795-3