Sangoma (Splitter)

August 28, 2023
Sangoma – Die Verdammten von Kapstadt (Splitter Verlag)

Südafrika in der Kapprovinz, heute. Auf dem ausladenden Weingut der Familie Pienaar ist ein Mord geschehen. Einer der schwarzen Arbeiter wurde brutal erschlagen. Mit dem Fall betraut wird Lieutenant Shane Shepperd, nicht gerade als Kostverächter bekannt, aber gleichermaßen ein Sonnyboy wie auch ein hartnäckiger Ermittler. Bei seinen Vernehmungen der Pienaars, Vater Kobus und Tochter Eva, kommt er nicht weiter, wie auch bei den Arbeitern, die kaum anders als in den Zeiten der Apartheid in ärmlichen Verhältnissen auf dem Gelände des Weinguts leben. Der Tote, Sam, scheint in obskure Machenschaften verwickelt gewesen zu sein und sowohl die Pienaars wie auch die Arbeiter, v.a. in Gestalt der Familie Mkampi, verschweigen offenbar einiges. Bald wird klar, dass Sam eine Sangoma aufgesucht hat, eine traditionelle Heilerin. Und was hat Nelson Mkampi mit dem Mord zu tun, ein Aktivist, der sich für die Agrarreform stark macht, über die gerade erbittert im Parlament gestritten wird?

Tatsächlich ist der Mordfall – Achtung, kleiner Spoiler – nach zwei Dritteln des Bandes weitgehend aufgeklärt. Danach kommt eine weitere Dimension der Story zum Tragen, eine Ebene höher, nämlich die politische, die, nicht minder brisant, von Beginn an bereits parallel zu den Mordermittlungen läuft, wobei der Polizist Shepperd als Bindeglied fungiert. Denn der unterhält ein Techtelmechtel mit Amy Savela, einer Schwarzen und Tochter des mit der Agrarreform und damit der Landrückgabe beauftragten Ministers der Regierung. Daneben ist Amy noch die Geliebte des Abgeordneten an der Wiese. Der ist wiederum weiß und ein erbitterter Gegner der Reform und damit der politische Erzfeind von Amys Vater. Eine brisante wie gefährliche Konstellation für alle Beteiligten…

Auch lange nach der offiziellen Abschaffung der Apartheid 1994 fordert die schwarze Bevölkerung noch ihre Rechte bzw. Gerechtigkeit ein. Nicht nur dass weite Teile ihres Landes nun den Weißen, den ehemaligen „Herren“ gehören, sie werden nach wie vor noch ausgebeutet und schlecht bezahlt. So weigern sich trotz lautstarker Forderungen die Pienaars, ihren Arbeitern höhere Löhne zu zahlen. Dennoch scheinen die Pienaars und die Mkampis eine gemeinsame, womöglich dunkle Vergangenheit zu haben, über die sich Shepperd lange nicht im Klaren ist. Politisch gärt es im Land. Mit den EFF, den Economic Freedom Fighters, hat sich 2013 eine Partei gebildet, die den Weißen feindlich gesinnt und am äußeren linken Rand des politischen Spektrums angesiedelt ist. Und die in Verbindung gebracht wird mit radikalen Aktionen, etwa nächtlichen Feuerüberfällen auf „weiße“ Farmen, was paradoxerweise an alte Machenschaften des Ku-Klux-Klans erinnert.

Neben der brisanten wie aktuellen Thematik, die die Story von Autor Caryl Férey hier entwickelt, stechen die Präsentation und der Zeichenstil des Bandes hervor. Corentin Rouge, der bei uns bereits einen Band des Dauerbrenners „XIII Mystery“ veröffentlicht hat, steht nämlich in der Tradition von Zeichnern, die einem realistischen Strich frönen, wie ihn einst Jean Giraud mit seinem Blueberry prägte und der gegenwärtig von Künstlern wir Ralph Meyer („Undertaker“), Christian Rossi oder François Boucq („Bouncer“) gepflegt wird: dynamisch, elegant und stilsicher in allen Perspektiven. Ausdrucksstarke Gesichter kommen genauso zur Geltung wie furiose, seitenlange Actionszenen und Schießereien in den Townships, bei denen meist nur die Bilder sprechen. Nur Shepperds beeindruckender Sidekick, Lieutenant Jessica Cole und gegen Ende noch einmal eine echte Bereicherung der Story, hätte gerne noch etwas früher auftreten können. (bw)

Sangoma – Die Verdammten von Kapstadt
Text & Story: Caryl Férey
Bilder: Corentin Rouge
152 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
35 Euro

ISBN: 978-3-98721-141-6

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