Strange Adventures, Band 1 (Panini)

Mai 20, 2021
Strange Adventures, Band 1 (Panini Comics)

Fernreisen kann er, der intergalaktische Weltraumheld Adam Strange. Immerhin pendelt er, seit ihn der geheimnisvolle Zeta-Strahl erstmals ereilte, zwischen zwei Welten: seiner Heimat Erde und dem entfernten Planeten Rann, auf dem er mit Jetpack, feschem Helm und Strahlenkanone zur Nationalikone avancierte. Doch damit nicht genug, auch das Familienglück findet der blonde Haudegen in Person seiner Frau Alanna, ihres Zeichens Tochter des Rann-Superwissenschaftlers Sardath, Adams Frau und alsbald Mutter der gemeinsamen Tochter Aleea. Damit scheint doch alles so weit geregelt, als sich Adam auf der Erde zur Ruhe setzen will und seine Erinnerungen mit dem treffenden Titel „Strange Adventures“ unter die staunende Bevölkerung bringt. Bei einer Signierstunde geschieht allerdings Seltsames: ein Besucher will kein Autogramm, sondern feuert eine wüste Beschimpfungssalve ab – ein Kriegsverbrecher sei er, der angebliche Held, der auf Rann gegen das Volk der Pykkten grausam vorgegangen sei. Das schüttelt Adam ja noch ab, aber als der verbale Angreifer tot aufgefunden wird, umgebracht von einer Strahlenpistole Rannscher Machart, hört der Spaß auf. Adam kontaktiert Batman und bittet das alte Spitzohr, Ermittlungen aufzunehmen, die ihn entlasten sollen. Der Mitternachtsdetektiv lehnt aufgrund Befangenheit ab, schickt aber seinen alten Kumpel Mr. Terrific, der die Fährte aufnimmt.

Das läuft aber durchaus nicht so ab, wie es sich Adam und Alanna vorgestellt hatten: Terrific stellt einige Ungereimtheiten fest und reist höchstpersönlich nach Rann, wo er direkte Einsicht in die historischen Dokumente zum Krieg mit den Pykkten nehmen will. Die nämlich haben vor Jahren in der Tat Rann überfallen, die Hauptstadt eingekesselt und die Einwohner in die Wüste vertrieben. Dort obsiegte Adam in einem Duell mit den Wüstensöhnen, dem Volk der Hellotaat, mit denen er eine erste Allianz zum Zurückwerfen der Pykkten schmiedete. Aber der Zeta-Strahl hat die unangenehme Eigenschaft, in regelmäßigen Abständen zu schwächeln und Adam unfreiwillig zur Erde zurück zu teleportieren – und damals lehnten alle Mitglieder der Justice League, die dazu in der Lage gewesen wären, Adams Bitte um Hilfe bei einer beschleunigten Rückreise nach Rann ab. So konnte Adam nur noch der zunehmenden Zerstörung beiwohnen und suchte mit Alannah sogar das unterirdische lebende Volk der Steinmänner auf, die sich letztendlich zur finalen Schlacht gegen die Pykkten bewegen ließen. Zurück auf der Erde verdichten sich währenddessen nicht nur die Zeichen, dass irgendetwas massiv faul ist (ist Adams Tochter wirklich umgekommen?), sondern auch, dass eine geheimnisvolle außerirdische Macht eine Invasion vorbereitet…

Mit Adam Strange schufen Gardner Fox und Mike Sekowsky Ende der 50er einen feschen Bilderbuchhelden, der ebenso mit Alex Raymonds Flash Gordon verwandt ist (wobei das eigentlich ja für jeden Heroen bis zum Silver Age gilt) wie mit John Carter, dem Marskämpfer aus der Feder von Tarzan Erfinder Edgar Rice Burroughs. Von seinen ersten Auftritten in den Serien „Showcase“ und „Mystery in Space“ wanderte die Figur schließlich auf die Seiten von „Strange Adventures“, woraus Tom King nun seine postmoderne, dekonstruktivistische Saga strickt. Meilenweit vom Strahlemann, zeigt sich Strange hier durchaus gebeutelt von Kriegserinnerungen und der Frage, ob der Zweck wirklich immer die Mittel heiligt. Das zunehmende Misstrauen seiner alten Kampfgenossen der Justice League macht ihm dabei genauso zu schaffen wie die Kratzer, die sein gleißendes Image schnell auf der Erde nimmt. Seine Gefährtin Alannah erscheint dabei durchaus fragwürdig, voller Zynismus und verschwiegenen Wahrheiten – das wirkliche Schicksal der Tochter Alleea scheint irgendwie mit der Frau Mutter zusammenzuhängen. Der als Ermittler eingesetzte Michael Holt alias Mr Terrific ist seinerseits ein Reboot einer Golden Age Figur aus der Justice Society, die nicht zuletzt durch die Arrow-TV-Serie zu neuem Ruhm kam.

Terrific tritt hier als emotionsloser Hochintelligenz-Bolzen auf, für den sein Motto „Fair Play“ auch heißt, dass er Alannahs Vater auch mal zurückboxt, was einen handfesten Skandal auslöst. Dass irgendetwas überhaupt nicht stimmen kann in der ganzen Chose, zeigt sich daran, dass man Terrific, der sich auf dem Weg nach Rann das eigentlich unübersetzbare Pykktisch selbst beibringt, zentrale Dokumente unter fadenscheinigen Ausflüchten vorenthält. Mysterien somit allenthalben, die durch die brillante zeichnerische Inszenierung durch Mitch Gerads und Evan Shaner noch unterstrichen werden: die Geschehnisse entfalten sich parallel auf zwei Zeitebenen, die in den Rückblenden eher klassisch-pulpmäßig, in der Gegenwart expressiv-knallig daherkommen und somit einen inhaltlich motivierten optischen Kontrast gelungen transportieren. Dass auch Adam alles andere als ein Lämmchen ist, zeigt sich dabei nicht zuletzt in den Rückblenden, in denen Strange durchaus radikal gegen seine Feinde vorgeht. Wunderbar auch die Zusammentreffen mit seinen Weggefährten Batman, Flash, Green Lantern, Superman und Hawkman, die jeweils versichern, dass er ein famoser Typ ist, sie ihm aber leider nicht weiterhelfen können. Somit eine gekonnte Neuinterpretation eines pulpigen Charakters, der urplötzlich mit existenziellen Fragen wie Moral, Pflicht und Wahrheit konfrontiert wird. Der vorliegende Band bringt die US-Hefte „Strange Adventures“ 1-6, die von Mai bis Dezember 2020 erschienen. Ein zweiter, abschließender Band soll dann endgültig Licht ins Dunkel des Zeta-Strahls bringen. Wir sind gespannt. (hb)

Strange Adventures, Band 1
Text: Tom King
Bilder: Evan Shaner, Mitch Gerads
196 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
21 Euro

ISBN: 978-3-7416-2260-1

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