Old Man Logan, Band 1 (Panini)

Januar 25, 2017

Alter Mann, was nun? Von Alpträumen aus seiner Vergangenheit geplagt, findet sich ein gealterter Logan mitten auf dem Times Square wieder. Er hat keine Ahnung wie ihm geschah, geschweige denn von dem Warum und Wieso. Nur eines scheint ihm nach einer Weile klar. Er ist in der Vergangenheit gestrandet, in einer Zeit, als die großen Tragödien seines Lebens noch nicht passiert waren. Als sich die Superschurken der Erde noch nicht vereinten, um die Helden zu stürzen und die Macht zu übernehmen. Als die Hulk-Gang, die Enkel Bruce Banners, noch nicht mehr oder weniger zum Zeitvertreib seine beiden Kinder und seine Frau töteten. Besteht also die einmalige Chance, die Zukunft zu ändern? Logan zögert nicht lange und will die Gelegenheit beim Schopf packen. Zuerst ist Black Butcher an der Reihe, ein Schurke aus der dritten Liga, der ihn dereinst erniedrigen wird. Ein leichtes Opfer. Die nächste Nummer wird dann schon härter: Rache an dem Hulk, noch ehe dessen Enkel geboren sind. Doch beim Kampf mit dem grünen Riesen dämmert es Logan, dass hier die Dinge etwas anders liegen. Denn der Hulk ist nicht länger Banner. Aber das sollte nicht alles sein, wie er nach einer Begegnung mit dem ebenfalls gealterten Steve Rogers alias Captain America schmerzlich erfahren wird…

Alternative Realitäten, Dimensions- und Zeitreisen sind seit jeher fester Bestandteil von Superhelden-Comics. Eignen sie sich doch bestens, um Veränderungen an einzelnen Helden oder gleich dem ganzen Helden-Gefüge beim Leser auszutesten, der – was seine Lieblinge betrifft – doch gerne empfindsam und nerdig reagiert. Außerdem ist es für Autoren auch mal einfacher, außerhalb der regulären Kontinuität drastischer vorzugehen und so den einen oder anderen Helden oder Schurken sterben zu lassen. Die erste „Old Man Logan“ Miniserie – von Mark Millar und Steve McNiven – erschien innerhalb der regulären US-Wolverine Reihe (als Heft 66 bis 72) und bei uns 2010 als Einzelband bei Panini (und danach noch einmal als Nr. 46 der Offiziellen Marvel Comic Sammlung). Millar schuf hier eine radikale Prämisse und ließ die Superschurken die Macht übernehmen. Wolverine, der einer perfiden List Mysterios auf den Leim ging und sämtliche X-Men tötete, zog sich daraufhin zurück und lebte fern vom Helden-Dasein mit seiner Familie als Farmer, wurde jedoch von der Hulk-Gang drangsaliert, seine Familie getötet und übte schließlich bittere Rache. Jetzt, nach diversen Events, ist er quer durch alternative Dimensionen in der Marvel-Gegenwart gelandet, wo Jeff Lemire („Descender“) seine Geschichte im Rahmen des aktuellen Marvel-Universums weiter spinnt.

Ja, das Leben hat Logan/Wolverine übel mitgespielt (oder wird es noch – immer diese Zeitparadoxe…) und so ist es kein Wunder, dass er um jeden Preis versucht, diese ungeheure Scharte auszuwetzen, bzw. alles gibt, dass die ihm widerfahrene Zukunft nie geschehen wird. Seine Familie würde leben. Die X-Men wären noch. Und die Welt in den richtigen Händen. Blinde Wut und eiserner Wille hindern ihn daran, die Realität, in der er nun ist, zu begreifen. Erst als der Hulk ungewohnt fürsorglich die Keilerei beendet, um eloquent zu reden, merkt Logan, dass die Dinge nicht so sind, wie er sie einst erlebte. Und die „Krönung“: Wolverine, so muss er schmerzlich erfahren, sein Alter Ego in dieser Zeitlinie, ist tot. Was also tun hier in dieser vertrauten und doch fremden Welt? Band 2, der nun regulären „Old Man Logan“ Serie, welcher im Februar erscheint, wird es zeigen. Die Zeichnungen des gebürtigen Römers Andrea Sorrentino („Ich, der Vampir“) erinnern wohltuend an die eines Jay Lee („Der Dunkle Turm“, „Inhumans“ u.a.), Zackige Linienführung, gepaart mit einer gewissen düsteren Abstraktheit beeindrucken genauso wie wunderbar herausgearbeitete Doppelseiten oder die Rückblenden in die trostlose Vergangenheit Logans. Angeblich wird der neue Wolverine Film (der letzte mit Hugh Jackman) einige Motive aus „Old Man Logan“ verwenden. Was sicher nicht verkehrt wäre. (bw)

Old Man Logan, Band 1: Berserker
Text: Jeff Lemire
Bilder: Andrea Sorrentino
100 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
12,99 Euro

ISBN: 978-3-95798-839-3

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