Schneeweißchen und Rosenrot, das sind in der wunderbaren Welt der Fables die Zwillingsschwestern Snow White und Rose Red. Snow ist mit Bigby Wolf verheiratet (dem bösen Wolf, genau) und Rose, nun – sie hat ein bewegendes und nicht immer rechtschaffendes Leben hinter sich. Jetzt, so scheint es, stehen sich die beiden ungleichen Schwestern feindlich gegenüber. Beide treten plötzlich in Rüstungen samt Schwertern auf, es bilden sich zwei Lager. Und zu allem Übel taucht Bigby Wolf wieder auf: als brutaler, mysteriöser Mörder, mitten in New York. Mehr Tier als Fable. Erste Versuche ihn zu schnappen scheitern dramatisch. Bis seine „Zähmung“ von ganz unerwarteter Seite kommt. Hinsichtlich des drohenden Konfliktes gehen die Intrigenspiele weiter. Leigh Duglas kontrolliert heimlich Bigby. Frau Totenkinder, die einst half, Mister Dark zu bezwingen, taucht unerwartet wieder auf – in ihrer jüngeren Inkarnation. Und Rose Red wird ein uraltes, verhängnisvolles Familiengeheimnis enthüllt, das ihren Zwist mit Snow massiv befeuert. Nach einem Stellvertreterkampf zwischen Frau Totenkinder und Cinderella formieren sich die gegnerischen Lager unter Snow und Rose. Trotz aller Ränke-Schmiedereien marschieren gigantische Armeen auf. Die finale Schlacht scheint unvermeidlich…
Sag zum Abschied leise Servus. Fables endet nicht mit dem ultimativen Knall. Wobei doch alles darauf hindeutet. Zuerst gibt es in Band 25 prominente Opfer, deren Hinscheiden aber überraschend schnell und unspektakulär abgewickelt wird. Dann kommt es zum Duell zwischen Cinderella und Frau Totenkinder, das sich hinsichtlich Fabletown als recht zerstörerisch erweist. Und ehe alles endgültig den Bach herunter geht, stehen sich in Band 26, der die reguläre Serie abschließt (mit der super-extra-dicken US-Ausgabe Nr. 150), die gewaltigen Armeen von Snow und Rose Red gegenüber. Doch dann wird alles ganz anders – unspektakulär, aber äußerst charmant und durchaus überraschend. Was ein Markenzeichen der Serie, die mit 14 Eisner Awards ausgezeichnet wurde, war und ist. Zwar wirkt die Entstehung des Konfliktes zwischen den beiden Schwestern etwas konstruiert, aber schließlich sind wir hier doch in einer Märchenwelt – und da ist bekanntlich immer alles möglich.
So nimmt man das Ende mit einem weinenden und einem lachenden Auge hin. Man soll ja immer aufhören, wenn es am schönsten ist. Wobei es das kreative Duo Willingham/Buckingham über 13 stolze Jahre geschafft hat, das überaus hohe Niveau und den ebenso hohen Unterhaltungsgrad, den die Serie stets bot, konstant beizubehalten. Es war immer am schönsten. Man hätte also immer aufhören können. Dass man dann doch 150 Ausgaben lang durchhielt, verdient unseren ungeteilten Respekt. Als Zugabe bieten uns die beiden Fables-Macher (bzw. diverse hochkarätige Gastzeichner, wie Neal Adams, Gene Ha, Terry Dodson, Michael Allred, Bryan Talbot, Jae Lee, Terry Moore u.a.) einen Ausblick in die Fables Zukunft. Diverse Kurz- und Kürzest-Geschichten beleuchten ein letztes mal, was aus diversen Akteuren denn werden wird, irgendwann in deren zeitloser Zukunft. Und schließlich, kurz ehe der Vorgang endgültig fällt, erleben wir im Rahmen einer großen Familien- und Generationen-Zusammenkunft sogar das Wiedersehen von Snow White und Rose Red. Was hätte man da noch für Geschichten schreiben können! Die Möglichkeiten sind schier endlos…
Während Mark Buckingham in Band 25 das Panel-Design eher konventionell angeht und die Seiten oft in fünf oder auf vier gleichgroße Bilder einteilt (und damit einmal mehr an Jack Kirbys Stil erinnert), dominieren in Band 26 vermehrt enge, vertikale Panels, die sich von oben bis unten über die Seiten strecken, was die Handlung sehr dynamisch wirken lässt. Und die Farbgebung im letzten Band ist wieder einmal wunderbar, sehr nuanciert, als hätte man die Seiten direkt koloriert. Die letzten beiden „regulären“ Fables Bände Nr. 25 und Nr. 26 werden eingerahmt von einem aus der Kontinuität gelösten Crossover Fables/Unwritten (Band 24) und von einer Neuauflage von „Fables: 1001 schneeweiße Nächte“, der bereits 2008 als Sonderband ebenfalls außerhalb der Kontinuität erschien und der nun als Band 27 in die Serie integriert ist. Wer noch ein wenig in der Welt der Fables schwelgen will, der kann auf diverse Spin-Offs zurückgreifen: „Jack of Fables“ (abgeschlossen in 9 Bänden), „Fairest“ (abgeschlossen in 6 Bänden)und „The Wolf among us“ (bisher ein Band), nach dem gleichnamigen Videospiel von Telltale, dem Studio, das auch „The Walking Dead“ erfolgreich versoftet. Wir machen jetzt das Märchenbuch zu. Vorerst. Aber wer weiß schon, was unser Märchen-Onkel Bill Willingham zukünftig im Schilde führt. Denn dass wirklich für alle Zeiten Schluss ist, können wir irgendwie nicht glauben. Und wollen es auch nicht. (bw)
Fables, Band 25: Glücklich bis an ihr Ende
Fables, Band 26: Lebewohl
Text: Bill Willingham
Bilder: Mark Buckingham, Steve Leialoha u.v.a.
204 Seiten in Farbe, Softcover (Band 25)
172 Seiten in Farbe, Softcover (Band 26)
Panini Comics
je 19,99 Euro
ISBN: 978-3-95798-563-7 (Band 25)
ISBN: 978-3-95798-564-4 (Band 26)