Rummelsdorf: Der Patient A (Carlsen)

Juli 5, 2021
Spirou präsentiert, Band 5: Rummelsdorf - Der Patient A (Carlsen Verlag)

Nach drei Zyklotrop-Alben und dem ersten Rummelsdorf „Jugend“-Abenteuer in Band 4 der Reihe „Spirou präsentiert“ erscheint nun das zweite Album mit den Erlebnissen des Grafen aus der Zeit lange bevor er Spirou und Fantasio begegnete. Die Story setzt direkt nach dem Erstling ein, also mitten im Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1941: Nachdem die Enigma, die Verschlüsselungsmaschine der Deutschen, auch mit Hilfe des Grafen von Rummelsdorf geknackt wurde, fängt man in Bletchley einen Hilferuf auf: zwei deutsche Wissenschaftler, Schwarz und Bruynseeleke (der wegen seines komplizierten Nachnamens fortan nur „Der Biologe“ genannt wird), die Rummelsdorf und Black aus der Zeit vor dem Krieg persönlich kennen, wollen raus aus dem Reich, da sie gegen ihren Willen an Forschungen der Nazis arbeiten müssen. Also brechen der Graf und seine geliebte Blair gemeinsam mit Black auf in das Herz der Finsternis: Über die Schweiz (und als Schweizer) reist man nach Berlin, um dort die beiden Wissenschaftler aufzuspüren…

Einmal mehr werden im Spirou-Universum der Zweite Weltkrieg und/oder die Nazis bemüht. Nach Emile Bravos epischer Spirou Erzählung (in der Reihe Spirou Spezial) und zuletzt auch in Mademoiselle J. Hier nun führt die hastig angeleierte Rettungsaktion die Protagonisten nicht nur nach Berlin, sondern auch auf den Obersalzberg in Berchtesgaden, dem Feriendomizil Hitlers. Und dabei belässt es das Autoren-Paar Bertrand Escaich und Caroline Roque, das als Béka firmiert, nicht. Auch in der Folge arbeiten die beiden diverse Protagonisten, Motive und Mythen aus dem Dritten Reich ab: Das Arzneimittel Pervitin spielt eine große Rolle, eigentlich eine Droge, ein Methamphetamin, das die Leistung steigert und Müdigkeit und Angst unterdrückt und das in der Wehrmacht weit verbreitet war. Blair macht in Berlin schnell damit ungewollt Bekanntschaft – Stichwort „Hausfrauenschokolade“. Später begegnen wir im Laufe der Story Wernher von Braun, Hermann Göring, Dr. Morell, Hitlers Leibarzt und schließlich dem titelgebenden Patient A. Der Bau einer Nazi-Atombombe kommt zur Sprache und als roter Faden immer wieder die Volksdroge Pervitin.

Dass das „schwere“ historische Setting nicht nur mit makabren Szenen aufwartet (die wir hier nicht spoilern) sondern sich auch mit feinem Humor verträgt, stellen Béka ebenfalls unter Beweis: Rummelsdorf vergeigt eine simple Rechenaufgabe, weil ihm die Lösung zu einfach erscheint. Und die ansonsten resolute Blair sorgt unter dem Einfluss von Pervitin für komische und kuriose Momente. Doch der Ernst überwiegt in der Story – und am Ende wartet für Rummeldorf die vielleicht wichtigste ethische Entscheidung seines Lebens. Dazwischen kredenzen die Autoren – ähnlich wie im Vorgänger mit der Enigma – wieder diverse erklärende Abstecher in die Wissenschaft, diesmal sind chemische Prozesse an der Reihe. Die Zeichnungen stammen wieder von David Etien, von dem ebenfalls bei Splitter „Die Vier von der Baker Street“ erscheint. Sein semi-realistischer und opulent-detailfreudiger Stil ordnet sich einmal mehr nahtlos in die Spirou-Welt ein. Insgesamt: wieder ein gut lesbarer, unterhaltsamer Ausflug in die Vergangenheit des Grafen, wobei der erste Band gradliniger und inhaltlich weniger überfrachtet war. (bw)

Spirou präsentiert, Band 5: Rummelsdorf: Der Patient A
Text: Béka
Bilder: David Etien
48 Seiten in Farbe, Softcover
Carlsen Verlag
12 Euro

ISBN: 978-3-551-77708-9

Tags: , , , , , , , , , , ,

Comments are closed.