Buchstäblich verkehrte Welt in Spiral City: in der Zerrversion der Heimat der Helden befreien Lucy Weber alias Black Hammer und der neu gewonnene Kampfgefährte Skulldigger den Doctor Andromeda ihrer Welt, nachdem eine fiese Kopie des Doktors die ganze Malaise mit Anti-Gott wohl erst angezettelt hat. Im Observatorium, das Andromeda als Labor dient, wartet allerdings eine handfeste Überraschung: der hier heldenhafte Sherlock Frankenstein präsentiert einen Gefangenen, der sich als der wahre Andromeda entpuppt – Lucy und Skulldigger sind dem gestaltwandlerischen Barbalien auf den Leim gegangen, dem man allerdings schnell Mores lehrt. Der echte Doc Andromeda enthüllt allerdings, dass der wahre Drahtzieher in ganz anderem Gewand steckt: niemand anders als der Black Hammer in der fiesen Ausgabe von Spiral City 2 war es, der die ganze Chose ausgeheckt hat.
Der tritt höchstselbst auf und berichtet der entsetzten Lucy, dass sich der Kampf mit Anti-Gott in seiner Version der Welt durchaus anders zugetragen hat: anstelle als einziger unterzugehen, überlebte der Negativ-Black Hammer, verlor aber seine ganze Familie – die er nun in den hunderten Ausgaben des Paraversums zumindest in Ersatzfassungen sucht. Anfangs noch skeptisch, lässt sich Lucy überreden, mit dem zwielichtigen Herrn Papa auf Reisen durch das Multiversum zu gehen und eine Version der Mutter Lorraine aufzusuchen, die das Ansinnen schnell durchschaut und brüsk ablehnt – worauf der finstere Hammer seine wahre Natur zeigt und Lucy attackiert, um ihr wenigstens den Hammer abzujagen.
Im Observatorium will Sherlock Frankenstein einstweilen das Dimensionstor schließen, erreicht aber das Gegenteil damit und öffnet in einem Welten-Nexus die Schleusen für zahllose Versionen der Realität. In dieser Weltenverwirrung finden sich urplötzlich Eliot Weber und Lucys Tochter Rose, eigentlich doch von Colonel Weird augenscheinlich getötet, in einem verschlafenen Nest wieder, das ihnen als Rockwell vorgestellt wird. Den grummeligen alten Herren, der sie aufliest, erkennt Eliot sofort als den alten Helden Abe Slam – der ihn allerdings rüde zurechtweist. In dieser Version von Rockwell, die Madame Dragonfly eigens erschaffen hat, gibt es die Helden von Spiral City nämlich nur in Comics…
Dritte Achterbahnfahrt unter der Flagge „Black Hammer Reborn“: in einer kurzen Zusammenfassung am Anfang (nicht von Susi) entschuldigt sich die Erzählerin Lucy augenzwinkernd beim Leser, das sei schon ganz schön verwirrend, aber ihr gehe es auch nicht besser. Wobei erfahrenen Reisenden durchs Multiversum dieses Zerrbild der Realitäten diebische Freude bereiten sollte. Ganz nach dem Vorbild von Erde 2 bis 58 gibt es dunkle Varianten der strahlenden Helden, während Jeff Lemire ganz nebenbei auch tiefschürfende Fragen von Identität und Familie aufwirft: ist es besser, aufrichtig zu trauern, oder sich mit Trugbildern zu trösten?
Wunderbar dabei auch der parforce-Ritt durch das gesamte Hammerverse, mit Skulldigger, Sherlock Frankenstein, Barbalien und auch ehemaligen Kurzzeit-Lachnummern wie Eliots Auftritt als missglückter Schurke Lightning Rod (seine Tochter merkt an, dass sie bei dem Namen gar nicht wissen möchte, welche Superkraft er denn hatte). Die zentrale Hommage liefert dieses Mal allerdings der wunderbare Twist, dass es eine Version von Rockwell und der Farm gibt, die letztendlich unsere „echte“ Realität darstellt, in der Superhelden nur in Comics und Filmen existieren – so wie stets im Hammerverse steht hier natürlich das sinnverwirrende Konzept der „fiktiven Realität“ aus Comics im Hintergrund, mit der Alan Moore seinen Miracleman so faszinierend machte.
Somit ein Feuerwerk für alle Hammerfreunde, die für Neueinsteiger zwar nicht geeignet sein mag, aber auch Neulingen zumindest Laune machen sollte, die Serie von Beginn an zu entdecken. Was in jedem Falle erledigt werden sollte. Der vorliegende Band enthält die US-Hefte „Black Hammer Reborn“ 9-12 und erscheint wie gewohnt mit einer schmucken Cover-Galerie. (hb)
Black Hammer, Band 7 – Reborn, Buch 3
Text: Jeff Lemire
Bilder: Caitlin Yarsky
112 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
22 Euro ISBN: 978-3-96792-218-9