Crossover, Band 1 (Splitter)

September 6, 2022
Crossover, Band 1: Kinder lieben Ketten (Splitter Verlag)

„Superhelden-Sommer-Event“. Klingt gar nicht so übel, schlimmstenfalls nach irgendwas mit Herogasm. War und ist aber viel, viel katastrophaler. Denn im Januar 2017 begann etwas Unerklärliches wie Unerhörtes: Ein Teil einer anderen Welt tauchte plötzlich in Denver, Colorado, auf und verschmolz mit der Stadt. Ein Teil einer fiktionalen Welt, in der alle, ja alle (!) Comicfiguren (!!) plötzlich real (!!!) sind – die Helden wie die Schurken. Sofort brachen totales Chaos und Zerstörung aus in eben diesem „Superhelden-Sommer-Event“, mit einer unbekannten Anzahl an zivilen Opfern. Dann schloss ein Superheld (?) dieses tödliche Mega-Crossover hermetisch ab, in dem er eine Kuppel um die Stadt und das Gebiet schuf. Seitdem kommt niemand mehr hinaus und niemand mehr hinein.

Das ist mal eine Prämisse, die Autor Donny Cates (u.a. „Thor: König von Asgard“, „Venom“) hier mutig auftischt und mit allen Konsequenzen weiter spinnt: Nach der Katastrophe sind Comics geächtet und verpönt – Fredric Werthams Kampagne war einst Dreck dagegen. Fanatiker sind einmal mehr auf dem Vormarsch, ehemals Comic-Schaffende werden verfolgt und ermordet (wie hier ein gewisser Brian K. Vaughan). Was uns zu unserer Hauptakteurin führt: Ellipse „Ellie“ Howell macht gerne (und ständig) Cosplay und arbeitet in einem der letzten noch existieren Comic-Shops (passender Name: „The Last Comic Shop Alive“). Ellies Eltern sind noch in der Kuppel, über ihren Verbleib weiß sie nichts. Da taucht plötzlich im Laden ein „Fake“ auf – eine Comicfigur, ein kleines Mädchen namens Ava. Was zu einer ersten Katastrophe führt…

Und das ist erst der Anfang. Bald wird es wild, richtig wild. Denn nachdem sich das kleine Grüppchen aufmacht – neben Ellie und Ava der Comicladen-Chef Otto und Ryan, der Sohn eines fanatischen Predigers, der mit seinem Vater gebrochen hat und eigentlich eine eigene Mission verfolgt – bekommt der Titel der Reihe seine volle Bedeutung. Aber greifen wir nicht vor. Das wäre zu viel des Guten. Bald kann man sich denken, wer und was hier alles im Laufe der Story noch auftaucht – Anspielungen an diverse Marvel- und DC-Helden sowie ein unverblümter Bezug auf eine klassische, auch verfilmte Superhelden-Story eines gewissen Alan Moore lassen einiges erahnen und erwarten. Was das Gesamt-Lesevergnügen noch massiv nach oben schraubt.

Neben diversen Story-Abzweigungen und den regelmäßigen wie gelungenen Überraschungen haben sich Donny Cates und sein Zeichner Geoff Shaw – beide arbeiteten u.a. bei den „Guardians of the Galaxy“ bereits zusammen – auch visuell einen Clou ausgedacht. Denn die jetzt „real“ existierenden Comicfiguren und alles was aus der Comic-Welt stammt, sind farblich grob gerastert und damit leicht erkennbar. Das vermeintliche Übel kann also sofort identifiziert werden. Oder? Eine Gegebenheit, die auch im Laufe der Story für Überraschungen sorgen wird. Die Hetze auf die Comic-Schaffenden ist natürlich mit einem Augenzwinkern verbunden, wie auch die ganze verrückte Story – auch das macht den Spaß aus. Der Band umfasst die ersten sechs Hefte der bei Image Comics erscheinenden Reihe, inkl. diverser Variant-Cover, u.a. von Todd McFarlane. Ein zweiter Sammelband ist dort jüngst erschienen und wird sicher auch bei Splitter aufschlagen. (bw)

Crossover, Band 1: Kinder lieben Ketten
Text: Donny Cates
Bilder: Geoff Shaw
176 Seiten in Farbe
Splitter Verlag
25 Euro

ISBN: 978-3-96792-271-4

Tags: , , , , , , , ,

Comments are closed.