Jeremiah, Band 38 (Erko)

Januar 6, 2021

Eigentlich wollen Jeremiah und Kurdy nur Tante Martha besuchen. Irgendwo im Nichts des postapokalyptischen Amerikas nehmen sie dazu den Bus. Dort treffen sie auf eine windige Dame namens Jenny, die eine kuriose grüne Perücke trägt. Jenny ist eine Ausreißerin. Ihre beiden Brüder Ronnie und Sal, die sie offenbar nicht nur aus Nächstenliebe in den zweifelhaften Schoß ihrer Familie zurückholen wollen, machen ihr unmissverständlich klar, dass sie ihren Alleingang nicht dulden und erschießen dazu kurzerhand Jennys „Freund“. Jetzt begeht sie einen Fehler, indem sie vor versammelter Busmannschaft von Smaragden spricht, was natürlich Begehrlichkeiten weckt. Zwar schließt sich Jenny Jeremiah und Kurdy an, doch in der Stadt häufen sich seltsame Begegnungen und Jenny fühlt sich dauerhaft verfolgt. Als auch noch ihr Bruder Ronnie hinterrücks von Unbekannten erschossen wird, spitzt sich die Gefahrenlage zu, weshalb Kurdy und Jeremiah zu einer riskanten Maßnahme greifen…

Hermann ist inzwischen 82 Jahre alt und immer noch äußerst produktiv (gerade arbeitet er an einem neuen Bos-Maury Band, dem ersten seit 2012). Der einzigartige Zeichenstil des Belgiers und Angoulême-Preisträgers, der ganz altmodisch analog von direkter Kolorierung geprägt ist, stellt seit Jahrzehnten sein Markenzeichen dar. Damit schafft er immer wieder wunderbare atmosphärische Szenerien. So auch wieder hier. Die Episoden in dem verfallenen, slum-artigen Stadtviertel, das man bezeichnenderweise nicht nur wegen seines Zustandes „die Hölle“ nennt, sind durchzogen von Nebelschwaden, in denen finstere Gestalten nur schemenhaft zu erkennen sind. Jeremiahs Plan geht nach hinten los, bald hat das Trio nicht nur die vermeintlichen Häscher aus dem Bus am Hals, sondern auch die Bewohner des Viertels, natürlich auch allesamt verkommene Subjekte, die grüne Lunte, sprich die Smaragde riechen, wobei Jennys Perücken-Blätterwerk den vermeintlich edelsteinigen Weg weist. Der Showdown ist dann auch wieder typisch Hermann furios wie blutig.

Beim der ersten Lektüre lässt einen der Band dennoch immer wieder ratlos zurück. Die Motivationen der handelnden Personen samt holpriger Dialoge sind kaum nachvollziehbar, vieles scheint Hermann nur anzureißen, ohne auf abschließende (Er)Klärung aus zu sein. Nur um dann zügig den erwähnten atmosphärischen Showdown einleiten zu können? Warum geht man ausgerechnet in das üble Viertel? Was hat es mit den Brüdern auf sich? Wer sind die Verfolger? Wirklich nur die Leute aus dem Bus? Und vor allem: was ist mit den Smaragden, von denen Jenny so gerne erzählt und die offenbar nur als MacGuffin dienen? Beim zweiten Durchlesen und Betrachten erhellen sich zwar einige der Vorgänge, denn man muss schon genau hinsehen um die Nuancen der Story wohlwollend wahrzunehmen. Dennoch ist „Kapiert?“ kein Highlight der Serie, die Hermann jetzt schon seit 1979 schreibt und zeichnet und die bei uns als David Walker im alten Zack debütierte. Dazu fehlt es an inhaltlicher Substanz. Was fürs Auge dagegen schon. Seite für Seite. Ob das reicht, muss jeder für sich selbst entscheiden, Hermann-Fans natürlich ausgenommen. (bw)

Jeremiah, Band 38: Kapiert?
Text & Bilder: Hermann
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Erko Verlag
14,95 Euro

ISBN: 978-961-7081-66-4

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