Spirou und Fantasio Spezial, Band 29 (Carlsen)

Juli 14, 2020

Schluss mit dem Abenteuer- und Reiseleben. Spirou hat keine Lust mehr und beschließt, Privatier zu werden. Auch seine Promo-Auftritte als Superpage sind damit Geschichte. Aber irgendjemand sieht das anders und bringt eine Online-Petition auf den Weg, die Superpages Rückkehr fordert und die binnen kurzer Zeit 200.000 Unterzeichner findet. Brüssel verlangt offenbar doch nach der beschützenden Hand eines Superhelden. Und der lässt sich nicht lange bitten. Superpage legt diverse fulminante Comeback-Auftritte hin. Was nur einen Haken hat: Denn unter der Maske des Rückkehrers verbirgt sich nicht Spirou, sondern ein äußerst talentierter Nachahmer! Bald wird klar: Eine junge Dame namens Lubna treibt als Superpage ihr Unwesen. Denn eigentlich will sie sich rächen: „Dank“ eines skrupellosen Immobilienhais, der die Mietpreise in astronomische Höhen treibt, musste sie mit ihrer Mutter in eine ärmliche Wohnung umziehen. Doch Spirou kann diesen Akt von Selbstjustiz nicht dulden und greift ein – als echter Superpage…

Die Idee zu ihrem Superpagen (der „Supergroom“ im Original klingt dann doch etwas forscher) kam Autor Fabien Vehlmann und Zeichner Yoann, die auch die „regulären“ Abenteuer von Spirou inszenieren, bereits 2016. Damals flutete „Batman v Superman“ die Kinos und die Spirou-Superhelden-Inkarnation sollte eine lustige Parodie sein (inklusive Batguy) und damit eine einmalige Sache (nachzulesen in „Spirou und Fantasio Spezial Nr. 24: Die tollsten Abenteuer von Spirou“). Doch offenbar hatten Vehlmann und Yoann Blut geleckt, weshalb nun der erste Band mit einer (wirklich) langen Geschichte mit Superpage vorliegt, die in der „Spirou + Fantasio Spezial“ Reihe bestens aufgehoben ist. Und Fortsetzung folgt garantiert. In ihrem Abenteuer lassen die beiden Macher typische Superhelden-Mechanismen und Klischees einfließen, mal mit einem Augenzwinkern, mal mit parodistischen Zügen: Pips wird als Sidekick zum Flughörnchen, Spirou muss sich wie die klassischen Marvel Helden mit privaten Problemen herumschlagen und seine Geheimidentität ist ebensoleicht zu entschlüsseln wie die von Clark Kent/Superman, was natürlich niemandem auffällt. Und der Handlanger des Immobilienhais wird durch einen dummen Zufall vom tumben Schläger zum hochintelligenten Superschurken.

All das wird mit furiosen Actionsequenzen angereichert, die regelmäßig eingesetzt werden: Spirou wird erst mit seinem Doppelgänger konfrontiert, dann ist man gezwungen, gemeinsame Sache zu machen, um den wütenden Unhold zu stoppen, wobei es allerlei Kollateralschäden gibt – wahre Superhelden müssen Zerstörungen eben in Kauf nehmen. Die Zeichnungen sind in einem modernen Stil gehalten, mit ausladenden dynamischen Panels und erinnern dabei an die Art, wie José Luis Munuera vor Yoann die reguläre Reihe zeichnete. Doch Yoann und Vehlmann, die sichtlich Spaß an ihrem Superpagen haben, vergessen dabei nicht den Humor, die Gags und die Figuren – eben jene Traditionen – ohne die eine Spirou-Story nicht auskommt: Immer wieder „moderiert“ und erläutert Pips die Story. Fantasio ist als Nebenfigur dabei, ebenso der Graf von Rummelsdorf, dessen Erfindung die Story entscheidend beeinflusst. Beim Besuch des Hollywood Filmsets fühlen sich die Helden an Émile Bravos aktuelles Spirou-Epos erinnert und als Spirou sein Superserum einsetzt, macht es SNIKT – ganz wie bei den Krallen Wolverines. Vehlmann und Yoann erschließen mit ihrem Superpagen eine „Marktlücke“ im Spirou Universum und der Epilog deutet an, dass sie mit ihrer Figur noch so einiges vorhaben. (bw)

Spirou und Fantasio Spezial, Band 29: Superpage – Rächer wider Willen
Text: Fabien Vehlmann
Bilder: Yoann
96 Seiten, Softcover
Carlsen Verlag
14 Euro

ISBN: 978-3-551-77668-6

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