Sláine, Band 5 (Dantes Verlag)

Juni 18, 2020
Sláine, Band 5: Der König (Dantes Verlag)

Würfelglück ist manchmal entscheidend – vor allem, wenn man wieder mal in die Rolle von Sláine schlüpfen darf, wie in der Episode „Danus Ring“ aus dem Diceman-Magazin 4. Der geneigte Spieler kann hier Fortuna wählen lassen, wie sich unser Lieblings-Barbar schlägt, als ihn Myrddin der Magus in die keltische Anderswelt auf die Suche nach dem Schatz der Erdgöttin schickt. Aber egal, wie sich der Weg gestaltet: am Ende stirbt man entweder in Agonie im Säurewasserfall oder verwandelt sich in ein Schwein. So kann’s gehen! Etwas geradliniger kommt da schon die Storyline „Annwns Schätze“ daher (im Original veröffentlicht in 2000 AD 493-499), in der Sláine und sein Faktotum Ukko eine gefahrvolle Reise unternehmen, um die sagenhaften Preziosen der keltischen Unterwelt zu rauben. Mit von der Partie ist Sláines Holde Nest, die sich mehr als geehrt fühlt, ihm den legendären Tempel der Sterne bei Glastonbury zeigen zu dürfen: einen mystischen gigantischen Kreis aus Tiersternzeichen, die am Boden die Himmelskörper spiegeln. Bei jedem Zeichen, von Aries dem Widder über Albion, das Gesicht von England, versieht Sláine diverse Heldentaten (inklusive Stallausmisten und Monsterbekämpfen), bis er schließlich die Korn-Maid bezirzt, die Erdschlange in sich aufnimmt und so die kosmische Energie kanalisiert, die ihn zum Meister der Sterne macht.

So gestählt, macht unser Rüpel sich im großen Storybogen „Sláine der König“ (erstmals in 2000 AD 500-508 und 517-519 aus den Jahren 1986-1988) auf die lange Reise zurück in seine Heimat, hin zu den Bewohnern von Tir Na Nog, die ihn einst wegen eines Techtelmechtels mit einer der Frauen des Königs verstießen. Im Gepäck hat er den Kessel des Dagda, der unendliche Fülle und Macht verspricht. Auf dem Weg stellt Sláine fest, dass der Messingeimer einen bösen Bewohner namens Avagddu enthält, einen hässlichen Sohn der Erdgöttin, der permanent nach Blut trachtet. Aber es kommt noch bunter: daheim herrscht mittlerweile ein grauenvolles Regime – die Fomori, widerliche Fischkreaturen, haben König Ragall gemeinsam mit der scheinbar hübschen Megrim eingelullt und schwingen eisern die Faust über dem Volk. Wer die horrenden Steuern nicht zahlen kann, dem schneiden die Viecher gerne mal die Nase ab, es herrscht die blanke Not. Als König Ragall den fiesen Anführer Balor zur Rede stellen will, endet dies in einer ultimativen Demütigung, worauf sich der geschlagene König rituell von den Druiden opfern lässt, um Platz für den Nachfolger zu machen. Just als Sláine, der auf dem Weg auch seine frühere Liebschaft mitsamt Sohnemann getroffen hat, auf den Plan tritt, läuft das Blut des alten Königs in seine Richtung. Für die Druiden ist die Sache klar: Sláine wird der neue Sonnenkönig und soll den Kampf gegen die Fomori anführen…

Der umtriebige Verlagschef Josh Dantes hat uns im Rahmen des letztjährigen Comicfestivals in München nicht umsonst darauf hingewiesen, dass dieser Band das Glanzlicht der bisherigen Reihe sei, in der sich erstmals alle Abenteuer von Pat Mills‘ keltischer Antwort auf Conan chronologisch versammelt finden. Standen bislang teilweise Elemente von Fantasy, Horror und Lovecraftscher Science Fiction im Mittelpunkt, wie etwa im Kampf gegen die Alien-Rasse der Cythrons, greift Pat Mills hier ganz tief in die mythologische Trickkiste und verbindet sehr reale Quellen, wie etwa die nicht gerade sanftmütigen Sitten und Gebräuche der Kelten, die von römischen Historikern staunend beschrieben werden, mit pseudohistorischen Anflügen, wie etwa dem rein fiktiven „Temple of the Stars“, den die englische Schriftstellerin Katharine Emma Maltwood für ihre „historischen“ Fantasien rund um Glastonbury und König Artus ersann.

Durchgängig finden sich Querverweise auf Druidentum, Artuskult, die Gralslegende (inklusive Fischerkönig) und keltische Mythologie, die auch einem gänzlich neuen Zeichenstil den Weg ebnen. Waren Sláines Abenteuer anfänglich sehr filigran, fast schon im underground-Stil gehalten, liefert Glenn Fabry hier teilweise ganzseitige, epische und nahezu lyrische Darstellungen z.B. des zu den Sternen entrückten Sláine. Auch in den Szenen um Rituale und Schlachtgetümmel schwingt das Pendel in Richtung Pathos und Geste, die allerdings immer wieder durch Ukkos subversives Geschwafel auf den Boden geholt werden. Und dass natürlich auch Robert E. Howards Kreation wieder Pate stand, bedarf sicherlich keiner Erläuterung: schließlich führt auch Conans Weg irgendwann auf verschlungenen Wegen zu einer Königskröne. Fulminant, packend und deutlich reifer als die ersten Episoden, punktet dieser Band auf ganzer Linie – zumal Sláine gegen Ende ankündigt, sich mit allen Völkern zu verbünden und die Fomori endgültig zum Teufel zu jagen. Was wir dann im Folgeband „Der gehörnte Gott“ erleben können. (hb)

Sláine, Band 5: Der König
Text: Pat Mills, Angie Kincaid
Bilder: Glenn Fabry, Mike Collins und Mark Farmer
176 Seiten in Schwarz-Weiß, Hardcover
Dantes Verlag
32 Euro

ISBN: 978-3-946952-25-1

Tags: , , , , , , , , ,

Comments are closed.