Auguria, Band 1 (Splitter)

Juni 2, 2020
Auguria, Band 1: Ecce Signum (Splitter Verlag)

Titus Vespasian, Sohn des Flavius, tut sich ein wenig schwer bei der Belagerung Jerusalems. Der eigentlich tapfere Kommandant Claudius Batus bricht einen Angriff wegen Aussichtslosigkeit ab, was vielleicht vernünftig, aber nicht die römische Art ist. Aus dieser Not macht Titus flugs eine Tugend: er entlässt den bei den Truppen beliebten Batus dem Anschein nach unehrenhaft, schickt ihn aber in Wahrheit auf eine delikate Mission. In Germanien soll Batus den dort stationierten Civilis kontaktieren und eine List mit ihm einfädeln. Civilis soll in Germanien einen Aufstand inszenieren, damit der in Rom residierende Kaiser Vitellius Truppen ins Rheindelta schickt, damit seine Position zu Hause schwächt und Vespasian die Chance gibt, selbst den Thron zu erringen, der seit dem Tod Neros heiß umkämpft ist.

Gesagt, getan: Batus macht sich auf die gefahrvolle Reise an den Rhein und trifft dort in der Tat alsbald auf Civilis, der allzu gerne auf die Sache eingeht. Schließlich ist Vitellius, seines Zeichens selbst ehemaliger Kommandant am Rhein, beim Stamme der Bataver aufgrund seiner durchaus ruppigen Zwangsrekrutierungen nachhaltig unbeliebt. Der Trick gelingt, immer mehr Truppen schließen sich den angeblich Aufständischen an, reihenweise fallen Stellungen und Anführer der römischen Besatzer, und die Reihen der Überläufer schwellen an. Bis plötzlich eine Vision der bruktischen Seherin Veleda für Furore sorgt: das Orakel weissagt ihr, dass Magis, der Sohn des römischen Anführers Gaeso, im Lauf der Dinge eine ganz gehörige Rolle spielen soll. Die entfaltet sich stetig, während sich der eigentlich nur inszenierte Aufstand zusehends in einen Freiheitskampf der Bataver wandelt…

In seinem epochalen Historienwerk breitet Peter Nuyten – wie schon bei „Apache Junction“ Autor und Zeichner in Personalunion – eine historische Episode aus, die aus den Schriften des Tacitus hervorgeht. Wie Nuyten im reichhaltigen Anhang  berichtet, genossen die Bataver, die im heutigen Holland siedelten, eine Sonderstellung im römischen Reich: einerseits waren sie von der drückenden Steuerlast befreit, andererseits bestand die Verpflichtung, die unersättlichen römischen Kohorten mit immer neuen Rekruten zu versorgen und somit als „Auxiliares“, also Hilftstruppen, zu fungieren.  

Der Bataver-Aufstand, der für Peter Nuyten den geschichtlichen Hintergrund seiner Erzählung bietet, entbrannte in den Wirren nach dem Tod Kaiser Neros 68 vor Christus, der ein Jahr später für das „Vier-Kaiser-Jahr“ sorgte, in dem sich Galba, Otho, Vitellius und Vespasian auf dem Thron in schneller Folge abwechselten. Der batavische Präfekt Julius Civilis wurde dabei eines Aufstands gegen Nero bezichtigt, wegen dem sein Bruder hingerichtet und er selbst eingekerkert, von Galba allerdings wieder freigelassen und an den Rhein zurückgeschickt wurde. Vitellius ließ bei seinem Einzug in Rom das Rheinland geschwächt zurück, was der neue Thronprätendent Vespasian trickreich zu nutzen wusste, indem er mit seinem alten Bekannten Civilis einen Aufstand anzettelte, der sich dann irgendwie verselbständigte.

Diese bis heute eher dubiose Wendung nutzt Nuyten als Aufsatzpunkt für seine fiktive Interpretation um Veleda, die den Ereignissen ihren ganz eigenen Stempel aufdrückt – als die titelgebende „Auguria“, also eine Seherin, deren Weissagungen vielbeachtet sind (nicht umsonst nennt man bis heute Angehörige des Metiers der Prognosen aller Art gerne Auguren) und das titelgebende Zeichen sieht: „Ecce signum“, sehet das Zeichen, wie wir alten Lateiner gerne sagen. Auch zeichnerisch überzeugt Nuyten vor allem wieder durch seine Landschaftsdarstellungen, die schon in „Apache Junction“ in bestem Sinne im Gefolge eines Girauds und seines Blueberry stehen. Band 2 steht schon in den Startlöchern – vielleicht dann ja de bellum gallicum. (hb)

Auguria, Band 1: Ecce Signum
Text & Bilder: Peter Nuyten
80 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
18,80 Euro

ISBN: 978-3-96219-192-4

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