Weltuntergang, Akt 2: die lebenden Toten haben die Welt überrannt. Auf der Flucht vor dem zunächst unerklärlichen Phänomen geraten die verbliebenen Schärflein der Menschen in jeweils äußerst prekäre Situationen. Im Hotel, in dem Lizbeth und ihr Bruder Leland Unterschlupf gefunden haben, braut sich eine tödliche Atmosphäre zusammen. Um die ausgefallenen Stromgeneratoren wieder einzuschalten, wagt sich Lizbeth todesmutig nach draußen und wird prompt von der untoten Flut belagert. Der schießwütige Hotelbesitzer Hubert Hodge erbarmt sich kurzzeitig und gibt Dante seine Knarre in die Hand, der prompt nach draußen eilt, um die Unholde abzulenken – als ihm dies gelingt und Lizbeth gemeinsam mit Leland in der Tat die Stromversorgung wieder herstellen kann, knallt Hodge Dante kaltblütig ab – um, wie er sagt, „diesen Bauern zu opfern“. Die aus der Kühlkammer befreite Mandy legt indes immer mehr durchaus psychopathische Züge an den Tag: anstelle auf Dantes Sohn Teo aufzupassen, bedroht sie ihn mit dem Messer. Dass sie aus gutem Grunde eingesperrt war, erfahren ihre vermeintlichen Retter zu spät: Mandy ist eine gefährliche Irre, die unter Wahnvorstellungen ein ganzes Schulhaus abgefackelt hat – und den Untoten jetzt die Tür zum Hotel öffnet, um ihnen ein wahres Festmahl zu bereiten.
Während sich Leland und Lizbeth ins Innere zurückziehen, ereilt auch Hodges‘ Frau und Tochter das grausame Schicksal… Parallelmontage: Lizbeths Mann John hat sich mit seinen beiden Kindern in einem Haus verschanzt und stößt auf der Suche nach Essen auf einen älteren Herren, dessen Tochter und drei Enkel zombiefiziert in einem Zimmer dahinvegetieren, das er in verzweifelter Hoffnung auf Besserung bewacht. Aus den Fernsehnachrichten ergeben sich dann doch erste Hinweise auf die Quelle der Plage: rund um die Chemiefirma Illenes wurden giftige Rauchwolken gesichtet, in denen sich die ersten Zombiehorden bildeten – und prompt rückt die Kavallerie in Form des schwer gepanzerten Sicherheitsdiensts dieses Ladens an, um ihren leitenden Mitarbeiter John in ein Labor in Maine zu schaffen. Haben etwa chemische Experimente zu der alptraumhaften Bedrohung geführt, die die Bevölkerung heimsucht? Immerhin hat Lizbeths Vater den Tod der Mutter nie verwunden, und Lizbeth dringt immer mehr in durch Hypnose freigelegte Erinnerungen vor, in denen ihr Vater auf dem Friedhof einen offenbar auferstandenen Leichnam niedermacht…
Auch in Band 2 seiner Untoten-Saga greift Jean-Luc Istin die Grundidee von Romeros Zombie-Urvaterstreifen auf und lässt eine kleines Häuflein Menschen in einem isolierten Raum Zuflucht suchen vor einer dumpfen, heranwankenden Masse, die langsam, aber unaufhaltsam näherkommt und die Schlinge immer enger zieht. Dabei liegt noch mehr als in Teil 1, der die Handlung in Gang brachte, der Fokus auf den Reaktionen der Überlebenden, die sich aufteilen in heroisch-aufrecht Kämpfende (Dante), innerlich zerrissene (Lizbeth) und schurkisch-despotische (Hodges) Vertreter. Dass mit Mandy ein gänzlich anderes menschliches Untier in den Reihen der Verteidiger ist, bringt einen wunderbaren Twist ins Geschehen, in dem einzig und allein die Kinder als wirklich unschuldige Opfer erscheinen. Anders als bei Romero verdichten sich die Anzeichen immer weiter, dass die Epidemie wie in Resident Evil menschengemacht und das Ergebnis schiefgelaufener Experimente ist (wir nehmen an in der Wiederbelegung von Toten – hallo, Viktor Frankenstein), an denen ironischerweise der nun ebenfalls von den Horden überrollte John maßgeblich beteiligt gewesen zu sein scheint.
Die parallele Handlungsführung, die immer deutlicheren Flashbacks von Lizbeth, der Fuchs im Hühnerstall in Gestalt der psychopathischen Mandy und die dubiose Rolle von John sorgen auch hier für packendes, untotes Lesevergnügen, das der auch im amerikanischen Superhelden-Genre aktive Elia Bonetti wieder in alptraumhafte, oft auch schockierend-großformatige, bisweilen ganzseitige Zeichnungen umsetzt, die dem Geschehen die passend beklemmende Atmosphäre verleihen (und sogar eine kleine meta-Referenz bringen, als der kleine Tao „The Dark Knight Strikes Again“ liest). Der dritte Band wird den Reigen des Schreckens dann beschließen – wir sind gespannt. (hb)
Die Nacht der lebenden Toten, Band 2: Mandys Dämonen
Text: Jean-Luc Istin
Bilder: Elia Bonetti
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-132-1