Sprague (Splitter)

Februar 21, 2024
Sprague (Splitter Verlag)

Goëm, eigentlich ein malerisches Küstenstädtchen an der Bucht von Sprague gelegen, hat ein massives Problem. Und damit auch dessen Einwohner. Denn nicht nur einer der Monde ist verschwunden, sondern auch das Meer. In kurzer Zeit hat es sich als gigantische Ebbe zurückgezogen und ist nie mehr zurückgekommen. Mehr noch: zwei Expeditionen, die man zur Klärung des verstörenden Phänomens aussandte, sind ebenfalls nie zurückgekehrt. Inzwischen bedroht die Trockenheit die Existenz des Dorfes, man überlegt ernsthaft, es aufzugeben und zu verlassen. Was die Brüder Vivian und Niels nicht akzeptieren wollen. So beschließen sie, auf eigene Faust und aller Widrigkeiten zum Trotz nachzuforschen, warum und wohin das Wasser verschwunden ist. Gemeinsam mit Captain O’Greg und dessen Segelschiff Tapinoir, das nun auf Rädern montiert ist, stechen sie in die nicht mehr vorhandene See, die dennoch voller Gefahren steckt, die gemeistert werden wollen…

Autor Rodolphe ist ein alter Hase im Comic-Geschäft – er schrieb bereits in den Achtzigern die „Marie Jade“ Episoden für Chris Scheuer – den meisten mag er aber bekannt sein durch seine phantastischen Serien, die im Splitter Verlag erscheinen („TER“, „TERRA“), nicht selten in Kollaboration mit dem Brasilianer Leo („Kenya“, „Centaurus“, „Amazonia“ usw.), und die gerne in gleiche Kerbe schlagen. Aber auch Einzelbände erscheinen von ihm regelmäßig bei uns, wie seine Orwell-Adaption von „Farm der Tiere“ (bei Knesebeck) oder „Der Mann der die Welt erfand“ bei Splitter. „Sprague“, 2022 in Frankreich erschienen und ebenfalls ein Einzelband, ist eines seiner aktuelleren Werke. An Bord geholt hat er sich Zeichner Olivier Roman, der bei uns – obwohl schon ebenfalls lange dabei – bisher noch nicht in Erscheinung getreten ist und der durch einen feinen, sauberen wie detaillierten Strich hier Akzente setzt, der gerne an François Schuiten oder Christophe Dubois („TERRA“) erinnert. Unterstützt wird dieser beinahe schon zarte Zeichenstil durch die stimmigen Pastell-Farben, die Kolorist Denis Béchu – der nicht umsonst auf dem Cover genannt wird – passend einsetzt.

Die Story zeigt Stärken und Schwächen. Starke Einfälle und Ideen, wie die übereinander fliegenden Segel, die Niels besteigt, um in die Ferne zu blicken (siehe Cover), wechseln sich ab, mit Klischees, wie der obligatorische Angriff der Piraten, oder die Begegnung mit einem der Sandwurm-artigen Monster, die jetzt das ausgetrocknete Meer bevölkern. Die beiden Protagonisten, die Brüder Niels und Vivian, bleiben vergleichsweise blass, ganz im Gegensatz zu dem skurrilen, fast blinden Captain O’Greg mit Merlin, seinem Federvieh, das sprechen kann und seine Augen ersetzt. Originell sind beispielweise das menschenähnliche Insektenvolk, das leider zu knapp kommt, oder das Hauptmotiv an sich, dessen Auflösung an hohe Erwartungen geknüpft ist – wieso ist das Meer verschwunden? Und wohin? Dazu kommt das Geheimnis um die großen Alten und immer wieder Anachronismen, wie Technik-Gimmicks, wodurch beispielsweise Merlin lesen und sprechen kann. Fazit: ein unterhaltsamer Band mit spannendem Science Fiction-Setting, das jedoch nicht ganz befriedigend serviert wird. (bw)

Sprague
Text & Story: Rodolphe
Bilder: Olivier Roman, Denis Béchu (Farben)
96 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
22 Euro

ISBN: 978-3-98721-136-2

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