Mikros, Heft 1 (Zauberstern)

April 13, 2023
Mikros Magazin, Heft 1: Die Geburt der Helden, Zeucberstern Verlag; Cover: Jean-Yves Mitton

Insektenforscher sind halt doch die wahren Rocker: Mike Ross, Priscilla Conway und Bobby Crabb sind nicht nur Experten auf ihrem wissenschaftlichen Gebiet, sondern auch noch weltberühmte Sport-Asse, die einen Rekord nach dem anderen brechen. Priscilla liebt Mike, der aber viel lieber seinen Experimenten frönt, während Bobby der Boxer einen ganz eigenen raubeinigen Charme versprüht. Die drei staunen nicht schlecht, als Mike eine spezielle Frequenz auffängt, die ganz so klingt, als wolle eine außerirdische Rasse Kontakt aufnehmen. Im Park findet man dann in der Tat eine Miniatur-Rakete, die alles andere ist als ein Spielzeug: die fiesen Insektenviecher vom Volke der Slizz wollen die Erde unterjochen und zu diesem Zweck die drei Sports- und Wissenschaftskanonen in Insekten verwandeln, um die Speerspitze der Invasion zu bilden.

Das klappt allerdings nur beinahe, die Prozedur bricht mittendrin ab, als ein Kind das Schiff findet und als vermeintliches Spielzeug benutzt. Der angehaltene Mutationsprozess reicht allerdings aus, um aus den Forschern veritable Superhelden mit Insektenkräften zu machen, die man nach der Flucht aus dem Raumer nach und nach entdeckt: Mike kann als Mikros die Macht einer Wespe nutzen, PSI-Strahlen abfeuern und Funksignale orten; Priscilla erhält als Saltarella die Agilität einer Mantis, während der handgreifliche Bobby als Bobby Crabb dank Riesenklaue einer Krabbe ordentlich zuschlagen kann. Und das ist auch gut so, immerhin hetzt Lord Argor, Kommandeur der Slizz-Armee, sofort diverses Kroppzeug auf die Helden, um die Mitwisser auszuschalten – darunter auch Skorpio den Zerstörer, den die Mikros allerdings nach allen Regeln der Kunst zerdeppern.

Mikros Magazin, Heft 1: Die Geburt der Helden, Bastei-Cover

Aber Argor gibt sich nicht geschlagen, sondern entführt Saltarella in Richtung des Heimatplaneten der Insektenviecher. Mike und Bobby folgen natürlich auf dem Fuße und schaffen es mit Hilfe eines umprogrammierten Wachsatelliten tatsächlich, den Lumpensöhnen bis zu ihrem wabenförmigen Heimatplaneten zu folgen, wo der fiese Herrscher Termitor dunkle Pläne schmiedet…

Wie würden Marvel-Helden aussehen, wenn man sie in Frankreich ersinnen würde? Diese Antwort lieferten in den frühen 80ern sehr eindrucksvoll Jean-Yves Mitton (u.a. Vae Victis!, Messalina) und Marcel Navarra, die in insgesamt 71 Episoden die Helden des Mikrokosmos in den Jahren 1980 – 1986 durch Abenteuer jagten, die Stan Lee nicht besser hätte kredenzen können. Dabei wabert ein wohliger Marvel-Charme durch jede Seite: Mike ist eine wunderbare Hommage an den jederzeit wissenschaftlichst referierenden Mister Fantastic, Bobby Crabb schwadroniert wie Ben Grimm zu seinen besten Zeiten (man wartet quasi schon, dass es wieder „clobbering time“ ist), irgendwie laboriert jeder an seinen Beziehungskisten, und vor allem Crabb hadert mehr als einmal damit, dass sie alle „Freaks“ geworden sind.

Mikros Magazin, Heft 1: Die Geburt der Helden, Timo Wuerz Cover

Das Ganze ist eingebettet in einen sehr realen Hintergrund der frühen 80ern, inklusive einem Besuch bei Präsident Carter, der permanent Erdnüsse verschenken will. Dabei werden die großen Vorlagen auch direkt zitiert – Marvel T-Shirts und Comics kommen ebenso vor wie klingende Namen wie Professor X und Thor himself. Die Pulp-artige Invasionsstory würde jedem interstellaren Konflikt mit den Skrulls in nichts nachstehen, und die ganze zweite Episode ist eine einzige große Origin-Story, in der die Helden à la Spider-Man langsam ihre neuen Kräfte erkunden. Wunderbares Futter also, das der selige Bastei-Verlag in den frühen 80ern einmal durch den Schredder ließ: die Serie erschien stark gekürzt (diverse Seiten fehlten komplett) in 21 Ausgaben, die obendrein mitten im Erzählfluss abbrachen.

Mikros Magazin, Heft 1: Die Geburt der Helden, Variant

Umso lobenswerter, dass der rührige Zauberstern-Verlag dieses Manko nun behebt und die Mikros ungekürzt, findig neu übersetzt (mit genialen injokes wie z.B. eine alte Dame, die sich beklagt, dass „früher mehr Lametta“ gewesen sei – Opa Hoppenstedt würde es bestätigen) und auf jeweils 100 großformatigen Seiten neu präsentiert. Die erste Ausgabe erscheint mit gleich vier verschiedenen Covern, u.a. von Mitton und Timo Wuerz. Geplant ist, die komplette Serie in 13 Ausgaben lückenlos herauszubringen – wir drücken die Daumen, dass die Sache gelingt, und legen jedem Freund klassischer Marvel-Action dieses Projekt wärmstens ans Herz. (hb)

Mikros Magazin, Heft 1: Die Geburt der Helden
Text: Marcel Navarra
Bilder: Jean-Yves Mitton
100 Seiten in Farbe, Magazinformat
Zauberstern Comics
9,99 Euro

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