Einst gehörte er zu der illustren Schar, die um den Privatdetektiv und Incal-Jäger John Difool das halbe Universum unsicher machte: Kill Hundeschnauze, gleichermaßen weithin als Söldner, Künstler und Liebhaber bekannt und berüchtigt. Erdacht von den Comic-Granden Moebius und Alejandro Jodorowsky, entstanden im Nachhall auf dessen überaus ambitionierte und schließlich krachend gescheiterte Dune-Verfilmung. Kill, mit dem Hundekopf und einem von John Difool durchschossenem Ohr, bekommt nun einen eigenen Serien-Ableger und damit ein eigenes Abenteuer spendiert, das in einem Band abgeschlossen im Splitter Verlag vorliegt (wie übrigens auch das komplette Incal-Epos).
Die Story spielt, was schnell klar wird, nach dem Incal. Kill Hundeschnauze wurde von einigen seiner zahlreichen Feinde übel mitgespielt. Er liegt im Koma, sein Gehirn ist schwer beschädigt. Auftritt von Anna, die eigentlich Annabelle heißt und sich als Kills Assistentin vorstellt. Bald wird klar: Annabelle ist Kills Tochter, eine von vielen Nachkommen, die Kill im Laufe der Jahre gezeugt und samt deren Mütter dann verlassen hat. Gemeinsam mit anderen Geschwistern dringt Anna in Kills Gehirn ein, natürlich nicht ohne Hintergedanken: sie hofft dort noch Restinfos über die dessen verborgenen Schätze zu finden. Doch es versteht sich von selbst, dass der wilde Trip nicht wie geplant verläuft…
Der Band besteht aus einem Spiel mit den Realitäten, was zu Beginn bereits deutlich wird, als Kill gleich zweimal aus einem vermeintlichen Alptraum erwacht. Nie ist so ganz klar, was real ist und was sich in Kills Gehirn abspielt. Natürlich wird der Leser und die Leserin so auch von den Autoren ein ums andere Mal in dieser Beziehung aufs Glatteis geführt, samt Textkästchen, die beteuern, dass das Folgende nun real ist. Oder eben doch nicht. Das Realitäts-Motiv wird auf die Spitze getrieben. Komischer Nebeneffekt dabei: irgendwann ist es dem Leser und der Leserin egal. Zu wirr bleibt die Story, zu uninspiriert kommen die Wendungen daher. Figuren tauchen auf, dazwischen gibt’s Rückblenden zu Kills amourösen Abenteuern. Und immer wieder kuriose, ja schon alberne Details, wie der lila Elefant, die schwangere Roboterfrau oder die Preisverleihung für den Weltbesten Liebhaber.
All das verhindert eine homogene, spannende Story – zu konstruiert wirkt fast alles, was hier passiert, zumal Koma-Kill dann doch zu wenig „Screentime“ bekommt. Das Kreativ-Team, das für den Band verantwortlich ist, stammt aus den USA. Sowohl Autor Brandon Thomas, als auch Zeichner Pete Woods, dessen Bilder mehr dem modernen US-Stil als der franko-belgischen Comic-Schule verhaftet sind, waren in der Vergangenheit beide bereits für Marvel und DC aktiv gewesen. Eigentlich eine gute Idee, beliebten Serien-Charakteren eigene Geschichten zu geben. Und noch immer voll im Trend, man denke nur an „XIII Mystery“ oder Spirou-Figuren, wie Rummelsdorf oder Zyklotrop. Hier wird man sich Seite für Seite des Gefühls sicher, dass eine Chance vertan wurde: All das hätte doch wesentlich besser werden können, da hilft auch die schöne Incal Hommage am Anfang und am Ende des Bandes nichts… (bw)
Der Incal: Kill Hundeschnauze
Text: Brandon Thomas
Bilder: Pete Woods
112 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
25 Euro
ISBN: 978-3-95839-535-0