Blacksad, Band 6 (Carlsen)

Oktober 28, 2021

New York, etwa Mitte der fünfziger Jahre. Über die Theater-Truppe rund um Iris Allen und Rachel Zucco, die im Central Park ein Shakespeare-Festival auf die Beine stellen, kommt Privatdetektiv John Blacksad an einen neuen Klienten: Kenneth Clarke, seines Zeichens Chef der Gewerkschaft der U-Bahn Angestellten, die man auch despektierlich „die Maulwürfe“ nennt, fürchtet um sein Leben. Er glaubt, dass man einen Auftragsmörder auf ihn angesetzt hat, von dem er nur den Namen kennt: Logan. Und er vermutet, dass die Wieselmafia dahintersteckt, die bereits mehrere Gewerkschaften kontrolliert. Demnach könnte sein Tod seinem großen Widersacher zupass kommen, dem mächtigen Baulöwen Solomon. Denn während Clarke auf den kommunalen Nahverkehr setzt, betreibt Solomon skrupellos eine Städtebaureform, baut auf Teufel komm raus Straßen und Autobahnen und sorgt dafür, dass U-Bahn Trassen stillgelegt werden. Blacksad nimmt den Auftrag an und lässt sich bei den Maulwürfen einschleusen, um Clarke schützen zu können…

Endlich wieder ein neuer Blacksad Band mit einer Story, die dazu erstmals als Zweiteiler angelegt ist. Das letzte Album der mehrfach preisgekrönten Reihe (sowohl in Angoulême ausgezeichnet, als auch mit diversen Eisner– und Harvey-Awards bedacht) erschien vor fast acht Jahren. Dazwischen brachte Carlsen auch eine Gesamtausgabe mit den ersten fünf Bänden. Aber seitdem waren die Macher natürlich nicht untätig: während Zeichner Juanjo Guarnido gemeinsam mit Alain Ayroles seinen monumentalen „Der große Indienschwindel“ beendete (dt. bei Splitter), belebte Autor Juan Díaz Canalès die prestigeträchtige Reihe um Corto Maltese (dt. bei Schreiber & Leser) und schrieb bisher drei neue Bände, die von Rubén Pellejero gezeichnet wurden. Jetzt also widmen sich beide wieder „Blacksad“, der Serie, mit der sie international bekannt wurden. Die Story ist von einem hoch interessanten Umfeld flankiert, das Blacksads Auftrag facettenreich ergänzt: Da sind einmal die Anfänge des berühmten Shakespeare in the Park-Festivals, das bis heute stattfindet und das kostenlos klassische Stücke präsentiert. Der Streit um die Beschädigung der Grünflächen, der schließlich zum Bau eines Theaters führte, entspricht übrigens historischen Tatsachen.

Die mafiös unterwanderten Labor Unions erinnern an die Zeit des Gewerkschaftsführers Jimmy Hoffa, dessen Nähe zum organisierten Verbrechen kein Geheimnis war. Und Solomon, der mächtige Bauherr, kommt als gewissenloses Alter Ego von Robert Moses daher, jenes berühmten Stadtplaners, der Jahrzehnte lang mit seinen auch immer wieder umstrittenen Projekten das moderne Bild von New York bis heute prägte. Wie Solomon setzte er auf individuellen, autogerechten Verkehr und baute u.a. Brücken und diverse Stadtautobahnen. Hier in Teil 1 droht die U-Bahn Gewerkschaft damit ins Abseits zu geraten, einmal durch die Mafia und dann durch die Bauprojekte Solomons. Klar, dass sich Blacksad auf die Seite der Schwächeren stellt, zumal das Geschehen für ihn nicht gerade optimal läuft. Daneben begleiten wir seinen Kumpel Weekly, der zwecks einer Reportage über Solomon diesen für einige Tage begleitet. Und Iris, die mit ihrer Schauspiel-Truppe um das Theaterfestival kämpft, aller Widrigkeiten zum Trotz. Am Schluss des Bandes wird es dramatisch. Und überraschend.

Wie gehabt handeln die Charaktere zwar zutiefst menschlich, sind aber als Tierfiguren dargestellt. Teilweise entsprechend ihrer Natur. So bestehen die „Maulwürfe“, die in erster Linie unter Tage in den U-Bahn-Schächten arbeiten, hauptsächlich aus Nagetieren. Inklusive rassistischer beidseitiger Ressentiments (John Blacksad ist ja bekanntlich ein Kater). Während Solomon als Greifvogel gänzlich schwindelfrei gerne höhere Gefilde aufsucht und vor dort aus seine Baustellen begutachtet. Zeichnerisch schließt Guarnido nahtlos an seinen Indienschwindel an. Farbenfrohe, bunte Darstellungen, wie die Aufführung im herbstlichen Park oder beim Autosalon wechseln sich ab mit gediegenen Variationen eines Farbtons, beispielsweise bei den Szenen, die im New Yorker Untergrund spielen. Ganz edel. Dazu kommt eine bisher durchdachte, dicht aufgebaute Story, mit überraschenden und für unsere Protagonisten gefährlichen Wendungen. Was will man mehr? Teil 2 zum Beispiel, der hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lässt. (bw)

Blacksad, Band 6: Wenn alles fällt – Teil 1
Text: Juan Díaz Canalès
Bilder: Juanjo Guarnido
58 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
16 Euro

ISBN: 978-3-551-74766-2

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