Dieser zweite Integral Band der gesammelten Abenteuer des alten Zack-Recken beinhaltet alle Tunga-Episoden von 1969 bis 1974: zwei albumlange Storys und diverse Kurzgeschichten, die zwar episodisch abgeschlossen sind, aber dennoch eine fortlaufende Geschichte erzählen. Den Anfang macht das Album „Les Peuple des Arbres“ (Das Volk der Bäume) von 1969, zuerst erschienen im Tintin-Magazin. Bei einem seiner Streifzüge trifft Tunga auf den jungen Wo-Mo. Der lebt bei dem „Volk der Bäume“ und Tunga beschließt den Knaben dorthin zu „eskortieren“, denn schließlich führt der gefährliche Weg durch das Gebiet der feindseligen Oak-Ros. Zum großen Erstaunen Tungas besteht Wo-Mos „Volk“ aus Gorillas, mit denen dieser sich verständigen kann! Hier präsentiert uns Édouard Aidans natürlich eine steinzeitliche Tarzan-Variation. Denn Wo-Mo lebt nicht nur bei Affen und wuchs dort auf, er kann auch als jüngerer Bruder des Anführers seines eigentlichen Stammes mit einer „adeligen“ Herkunft aufwarten und muss sich am Schluss zwischen zwei Welten entscheiden – Ende offen! Tunga bestreitet diese Episode übrigens als Solo-Abenteuer, wobei Aidans das Tarzan-Motiv gelungen, passend und angenehm unaufdringlich in die Story einbindet.
In der eingeschobenen Kurzgeschichte um einen seltsamen Adlerkult ist dann aber wieder Tungas Gefährtin Ohama dabei, die in der nächsten Album-Story eine Hauptrolle spielt („Le Maître des Mammouths“ – Der Herr der Mammuts, 1970). Denn als Tunga nach längerer Abwesenheit wieder zu seinem Stamm, den Ghmour, zurückkehrt, ist Ohama verschwunden. Angeblich hat sie ihr neues Volk verraten (sie wurde ja von den Ghmour aufgenommen – siehe Band 1). Tunga mag dies nicht glauben und macht sich erzürnt über seine Leute auf die Suche nach ihr, begleitet vom treuen Freund Nooun, samt dessen Tiger Aramh. Die Suche führt die drei in das Weisse Gebirge, ins ewige Eis. Doch zuvor muss sich das Trio mit den Seemenschen herumschlagen – bei der Gelegenheit inszeniert Aidans wieder einen spektakulären Vulkanausbruch samt Flutwelle als apokalyptische Katastrophe. Schließlich stößt Tunga unvermittelt auf Ohama. Die reitet auf einem Mammut und steht unter dem Bann von Mo-Whoul, der mittels Hypnose und geheimnisvollen Tränken sich nicht nur eine Herde Mammuts untertan macht…
Szenenwechsel und Beginn der (zusammenhängenden) Kurzgeschichten, die aus einer geänderten Verlagspolitik des neuen Tintin-Chefredakteurs Greg (u.a. Autor von „Comanche“ und „Luc Orient“) resultierten. Acht dieser 7 bis 18-seitigen Episoden von 1971 bis 1974 kommen hier zum Abdruck, viele davon erschienen auf Deutsch in der Zack-Parade, der Taschenbuchreihe im Koralle Verlag. Die kurzen Storys punkten mit abwechslungsreicher Handlung. So muss Tunga einmal mehr Ohama aus der Patsche helfen, die dann eine kleine Wölfin namens Wara „adoptiert“ und zähmt. Natürlich sind auch der schmächtige Nooun (recht uncharmant von Tunga als „Hinker“ betitelt) und Aramh mit von der Partie. Das Klima verändert sich. Das Wild verlässt den Wald und die Jagdgründe. Es wird immer und immer länger kälter. Auch andere Stämme haben unter der Klimaveränderung zu leiden, weshalb Roak vom Bergvolk (der eine gewisse Ähnlichkeit mit Rahan, einem anderen Comic-Steinzeitrecken, aufweist) sich den Ghmour anschließen will und dabei das Misstrauen Tungas entfacht.
In „Ami ou Ennemi“ (Freund oder Feind) tritt Roak erstmals auf und Ohama feiert ihr Debut im schnieken Fellbikini. „Le Mammouth blanc“ (Das weiße Mammut) wartet dann erneut mit einem literarischen Motiv auf. Statt eines weißen Wals macht ein gigantisches weißes Mammut Jagd auf die Jäger, die doch so sehr auf Nahrung und damit Fleisch angewiesen sind. Scheinbar rächt das Mammut seine Artgenossen und macht das Lager der Ghmour dem Erdboden gleich. Nun liegt es an Tunga und dem inzwischen erfolgreich integrierten Roak die Bestie zur Strecke zu bringen. Gegen Ende des Bandes wandelt sich der steinzeitliche Lebensraum. Gingen die Gefahren zuvor in erster Linie von der Tierwelt aus, wird die Welt der Ghmour nun immer unwirtlicher. Kälte hält Einzug. Es ist oft finster und stürmisch, Vulkane brodeln. Auch Aidans Zeichnungen werden kräftiger, düsterer und gewinnen so an Kante. Tungas Frisur wird immer länger und seine Feinde teuflischer. Die steinzeitliche Romantik macht der vermeintlichen harten Realität Platz, was in beindruckenden Panels zum Ausdruck kommt. Band drei der Gesamtausgabe erscheint in Kürze. (bw)
Tunga Integral, Band 2
Text: Édouard Aidans
Bilder: Édouard Aidans
208 Seiten in Farbe, Hardcover
Kult Comics
29,95 Euro
ISBN: 978-3-946722-37-3