James Bond 007, Band 6 (Splitter)

Juli 13, 2018

Leicht zu locken ist er eben doch, der gute James: die abtrünnige Agentin Rika van de Havik führt 007 nicht zuletzt dank ihrer fraulichen Reize geradewegs in eine Falle. Eine Übergabe geheimer Daten wird da auf einer Brücke in Rotterdam fingiert, bei der Bond die Dame (vermeintlich) erschießt und ein Heckenschütze vom Wasser aus den Käufer – pikanterweise den CIA-Mann Gabriel Aaron – ebenfalls ins Jenseits befördert. Bond kann den Angreifer zwar stellen, aber der stürzt sich geradewegs vom Dach, bevor er noch schnell den Hitlergruß zeigt. In den USA glaubt man nur allzu gerne, dass man beim MI-6 gehörig schmutzige Wäsche auf Lager hat und Bond deshalb Aaron kurzerhand beseitigen sollte. In dieser prekären Lage schickt M seinen besten Mann mal lieber nach München, um dort die Spur des ziemlich teuren Präzisionsgewehrs aufzunehmen, mit dem Aaron erschossen wurde.

In der rechten Szene wird Bond fündig und hebt den Club „Weiße Hunde“ aus – und trifft dabei auf niemand anderen als seinen alten Weggefährten und Kumpanen Felix Leiter, der die Nazi-Bande unterwandert und beobachtet hat. Den beiden Kampfgenossen ist die offiziell vergiftete Atmosphäre egal: man tauscht bereitwillig Informationen aus, und so setzt sich Bond auf die nächste Fährte – das Geld für die Waffen scheint aus Versteigerungen von Kunstobjekten zu stammen. Im Auktionshaus Rochet in Genf trifft Bond auf Chantal Chevalier, die sich als französische Geheimpolizei entpuppt, die die gleiche Spur verfolgt und Bond erhellt: offenbar hat jemand einen bei Kriegsende verschollenen Eisenbahnwaggon voller Beutekunst in seinen Besitz gebracht und finanziert damit die Anschläge der rechten Szene – die sich denn auch äußerst rabiat zu Wort meldet. Aber weder Bond noch Chantal ahnen, dass die Fascho-Bande nur eine Front für eine gänzlich andere Organisation ist, die nicht weniger schändliches im Schilde führt…

Brandaktuell, fast schon prophetisch zeigt sich diese Bond-Episode. Da lassen sich MI-6 und CIA spielend leicht gegeneinander aufhetzen, weil das „von oben“ mehr oder weniger verordnet ist, wie Felix Leiter freimütig berichtet: „Diese neue Administration… die sind echt rücksichtslos. Und für euch Briten haben sie nichts übrig. Sie meinen, dass die NATO nicht ihren Beitrag leistet. Man vertraut darauf, dass wir sie raushauen, wenn’s eng wird. Du weißt ja, wie das ist. Überall auf der Welt werden Mauern hochgezogen. Auch in Amerika.“ Als habe Andy Diggle alles geahnt, was jüngst auf dem eher weniger erfolgreichen NATO-Gipfel ablief, so liest sich diese Bestandsaufnahme des CIA-Manns Leiter, bis hin zum Vorwurf, die NATO zahle nicht genug in die internationale Sicherheitskasse ein.

Auch die berühmt-berüchtigte Mauer zu Mexiko, die der umtriebige amerikanische Staatschef wiederholt versprochen hat, kommt zur Sprache: so gerät diese Story zum beißenden Kommentar auf die aktuelle politische Lage, in der der Kalte Krieg, in dem Bond groß wurde, zwischenzeitlich verschwunden war und an gänzlich anderen Fronten wieder aufbricht, wo eine Feindschaft bislang nicht denkbar war . Dass die Drahtzieher dann doch wieder aus dem Osten stammen (nicht verraten!), bildet dann wieder einen wohligen Rückbezug auf die eigentliche Bond-Historie. Bond selbst erscheint wieder gekonnt an Flemings Urfigur angelehnt, glatt, gewalttätig und allen Lüsten zugetan, ausgestattet mit den üblichen Gadgets und natürlich einem flotten Bentley, wobei sich Q durchaus zu amüsieren weiß, als Bond in der Asservatenkammer nach seiner Einweisung in die neuesten Tricks auf ein Schweizer Taschenmesser zeigt: „Und was ist das?“ „Das ist ein Schweizer Taschenmesser“ (was natürlich ein kleiner Querverweis auf wunderbaren Gag im letzten Kinoabenteuer „Spectre“ ist: „And what does this watch do?“ „It tells the time.“).

Die Handlung schreitet flott voran, schreckt vor einigen drastischen Szenen nicht zurück und atmet auch in einem zentralen Motiv – der russischen Agententötungstruppe Smersh, die in Flemings frühen Romanen als Bonds Nemesis auftritt und in den Filmen durch Spectre ersetzt wurde – stets den Geist der Romanvorlagen, wobei auch die optische Gestaltung durch Luca Casalanguida dynamisch-filmische Züge aufweist und sich bemüht, keinen der Bond-Leinwandinkarnationen zu imitieren. Gutes Futter für alle Bond-Freunde also, das im Original 2017 bei Dynamite herauskam und bei Splitter wieder in einer schönen Hardcover-Ausgabe sowie einer limitierten Sammleredition erscheint. Auf die nächsten Folgen „Spezialakten“ und „The Body“ müssen wir noch bis 2019 warten. (hb)

James Bond 007, Band 6: Kill Chain
Text: Andy Diggle
Bilder: Luca Casalanguida
136/160 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro (reguläre Edition)
34,80 Euro (limitierte Edition)

ISBN: 978-3-96219-063-7 (reguläre Edition)
ISBN: 978-3-96219-064-4 (limitierte Edition)

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