Old Man Logan, Band 5 (Panini)

März 9, 2018

Was wäre wenn, ja wenn man die gemachten Fehler, die erfahrenen Tragödien eines Lebens rückgängig machen oder gar nachträglich vermeiden könnte? Wenn man diese einmalige Gelegenheit der Wiedergutmachung nutzen und falsche Entscheidungen korrigieren könnte, diesen Traum so vieler Menschen? Band 5 von „Old Man Logan“ greift jenes zentrale Motiv der Reihe einmal mehr auf. Der gealterte Logan, den es nach dem Tod Wolverines aus einer alternativen Zukunft in unsere (= die reguläre Marvel-) Zeitlinie verschlug, der den Mord an seiner Familie durch die marodierende Hulk-Gang miterleben musste, könnte nun genau dies schaffen. Denn der Hexer Asmodeus schickt ihn mit Hilfe eines Amuletts in die Vergangenheit (und in die Zukunft), wo Logan entscheidende und zentrale Wendepunkte seiner Geschichte noch einmal durchleben kann.

Zuerst führt ihn das Amulett ganz zurück, nach 1812, in die Zeit des Britisch-Amerikanischen Krieges, wo er als Mörder gefangen genommen wird. Danach wird es schmerzhaft, seelisch und körperlich. Logan landet im Versuchstank des Waffe X-Experiments, wo er gerade wieder das Adamantium verpasst bekommen soll. Durch das Amulett geht es weiter mitten in die Szenerie seines Comic-Debuts, zum Kampf zwischen dem Hulk und Wendigo. Dann folgt wieder Dramatik, als Marvel Girl Jean Grey wieder zu Phoenix wird. Beim erneuten Durchleben all dieser Episoden und Dramen merkt Logan schließlich, dass er fast keinen Einfluss auf das Geschehen und damit auf das Vergangene hat. Auch als er in Japan bei Mariko landet oder in Madripoor – alles scheint sich zu wiederholen. Schließlich gelingt es ihm bei Iceman Bobby Drake einen Erinnerungsanker zu platzieren, ehe ihn ein erneuter Orts- und Zeitwechsel in seine Welt, in seine Zeit in die Zukunft schleudert. In die Einöde, zu seiner Familie, seiner Frau und seinen Kindern. Kann er hier und jetzt mehr ausrichten, so kurz vor der Tragödie? Und was hat Asmodeus inzwischen in der Realität mit seiner leeren menschlichen Hülle vor?

Der Vierteiler, der in dieser Ausgabe beinhaltet ist, zeigt in den Rückblenden bzw. durch die Zeitsprünge eine Art „Best of“ der Historie der überaus beliebten Marvel-Figur. Was Autor Jeff Lemire (u.a. „Animal Man“, „Sweet Toth“, „Descender“) in einer atemlosen Tour de Force regelrecht zelebriert und konsequent durchzieht. So zeigt jedes der Cover Wolverine/Logan in der gleichen, ikonischen Pose, verändert nur durch das der jeweiligen Zeit entsprechende, andere Kostüm. Und im Hintergrund bilden die Cover der Comics aus dieser Zeit, in denen die Figur auftrat, einen passenden, stimmigen Rahmen. Für den arg gebeutelten Logan ist es bitter, und trotzdem reift in ihm die Erkenntnis, dass die Vergangenheit fest gemauert und unabänderlich ist. Was ihm trotz all des erneut durchlebten Schmerzes auch ein wenig Zufriedenheit zurückgeben mag.

Zwischen den Episoden blendet die Handlung immer wieder zu dem Magier Asmodeus, der Logan als vermeintlich willfährige Waffe höchstbietend verschachern will. Will man einen Schwachpunkt in der Story ausmachen, sind es diese Episoden, wie auch Asmodeus selbst, ein blasser Schurke zweiter Klasse, was auch das Nachwort bestätigt. Den Zeichenstift übernimmt in diesem Band, welcher die US-Hefte 21 bis 24 mit dem passenden Originaltitel „Past Lives“ umfasst, Eric Nguyen, der bereits für alle großen US-Verlage arbeitete. Sein Stil ähnelt dem seines Vorgängers Andrea Sorrentino, wenngleich ihm die Experimentierfreudigkeit und die überraschenden graphischen Momente etwas abgehen. Die bereits erwähnten Titelbilder, sowie diverse Variant-Cover ergänzen den Band, der insgesamt die in jeder Beziehung hochwertige Reihe erfolgreich fortführt. Band 6 erscheint im Juni dieses Jahres.

Old Man Logan, Band 5: Blutige Erinnerung
Text: Jeff Lemire
Bilder: Eric Nguyen
100 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
12,99 Euro

ISBN: 978-3-7416-0728-8

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