
Meilen sammeln mal anders: Im Berlin des Jahres 2099 läuft man oder fährt Rad. Autos sind aus der Stadt, inzwischen die größte Europas, verbannt. Fliegen können sich sowieso nur noch die Superreichen leisten, denn durch die allgemeine Energieknappheit wurde Reisen zum absoluten Luxus, weshalb die meisten Bürger die Stadt gar nicht mehr verlassen (können). Das Zufußgehen wird dabei belohnt. Man sammelt Schritte, um vielleicht einmal im Leben verreisen zu können. So sind Schritte neben dem Euro zu einer zweiten Währung geworden. Auch Sascha Jäger, ein Privatdetektiv, sammelt fleißig. Sein Ziel ist es, zu seiner Freundin Alif zu reisen, die in Memphis, Tennessee lebt und mit der er seit sieben Jahren eine Fernbeziehung via Virtual Reality führt.
Das Metropolia-Konsortium betraut Sascha mit einem neuen Fall. Er soll noch vor der Polizei den Mord an einem wohlhabenden Ingenieur aufklären. Die Spur der Mörderin, die auf der Flucht einen vernetzten Schuh verloren hat und daher Aschenputtel genannt wird, führt in einen Wohnturm, ein Hochhaus, das den Namen „Florian“ trägt. Und das gehört Metropolia. Um in Ruhe ermitteln zu können, zieht Sascha als verdeckter Ermittler in das Florian ein, als Architekt, angeblich betraut mit der Renovierung der Gemeinschaftsflächen des Gebäudes. Schon bald stößt er auf einen weiteren, bisher unentdeckten Mord, ehe nach etwa zwei Dritteln des Bandes dann der mächtige „Endgegner“ aus dem Schatten tritt. Und der hat es in sich…

Auftakt der zweiten franko-belgischen Reihe aus der Feder des Frankfurters Ingo Römling (nach „Die Chroniken des Universums“), diesmal von Autor Fred Duval geschrieben, den man von Serien und Titeln wie „Tag X“, „Nevada“ oder „Schwarze Seerosen“ (unbedingt empfehlenswert) kennt. Das Duo entwirft hier ein Zukunfts-Szenario, in dem sowohl die Weltmetropole Berlin als auch ihre Gesellschaft hochtechnisiert sind. Paradoxerweise ohne Autos – das Motiv der Schritte als Währung ist dabei nur eine der originellen Ideen, die den Hintergrund der Story bilden. Aber: trotz der allgegenwärtigen und allumfassenden Digitalisierung – selbst „damenlose“ Schuhe lassen sich per Chip zurückverfolgen – geschehen Verbrechen. Auch ganz spektakulär in aller Öffentlichkeit.
Kombinationsgabe, verbunden mit Hirnschmalz, ist also immer noch gefragt. Daher wird Privatermittler Sascha Jäger von Metropolia (worüber man noch wenig erfährt) engagiert, der bald merkt, das hinter dem Mord noch viel mehr steckt, was dann in einem actionbetonten Science Fiction Showdown zum Vorschein kommt. Ingo Römlings charakteristischer runder Strich, der irgendwo zwischen Realismus und Funny changiert, steckt einmal mehr voller Details und passt bestens zur Story, die neben und während des Konfliktes mit dem Gegner nach und nach aufgedröselt wird und in der dann doch ein Automobil, nämlich ein Mercedes 300 SL, freilich mit E-Antrieb, eine Rolle spielt. Der in sich abgeschlossene Band, der auch als limitierte Vorzugsausgabe erhältlich ist, bietet einen gelungen Einstieg. Samt origineller Krimi-Handlung und originellem Setting. (bw)
Metropolia, Band 1: Berlin 2099
Text & Story: Fred Duval
Bilder: Ingo Römling
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
18 Euro
ISBN: 978-3-68950-071-9