Plötzlich war er da, irgendwo in Chicago. Wie aus dem Nichts, inmitten einer Feuersbrunst gelegen, aber unverletzt. Ein Mann mit extra breiten Schultern und Superkräften. Und mit grüner Hautfarbe und einer großen Finne auf dem Kopf als Frisur-Ersatz. Er weiß nicht wer er ist, leidet unter Amnesie. So bleiben sein Name, seine Herkunft und seine Vorgeschichte im Dunklen. Bald nennt er sich passenderweise Dragon. Frank Darling, der Polizist, der ihn gefunden hat, nimmt sich seiner an und drängt ihn zum Dienst im Chicago Police Department. Dort könnte man ihn gut brauchen. Denn die Stadt wird gerade terrorisiert von Superschurken, denen die „normale“ Polizei kaum etwas entgegenzusetzen weiß. Und die wenigen gestandenen Superhelden wie der Super Patriot werden gerade arg dezimiert. Nach erstem Zögern willigt Dragon ein, wird Polizist und beginnt unter den Schuften gehörig aufzuräumen…
Was für eine angenehme, wenngleich auch schon vor einer Weile angekündigte Überraschung: „Savage Dragon“, gemeinsam mit „Spawn“ (der hier im Auftakt ein Cameo hat) der Dauerbrenner unter den Serien des amerikanischen Image Verlages, erscheint in Deutschland! Und das chronologisch! Erfinder des ungewöhnlichen Superhelden und damit der Serie ist Erik Larsen, der erst die berühmte adjektivlose Spider-Man Serie von Todd McFarlane übernahm (vor kurzem bei Panini als Omnibus erschienen) und der dann mit diesem und anderen 1992 Mitbegründer von Image wurde. „Savage Dragon“ erscheint ebenfalls seit 1992 und dürfte mit Stan Sakais „Usagi Yojimbo“ eine der langlebigsten Comic-Reihen sein, die bis heute von einem einzigen Kreativen geschrieben und gezeichnet werden.
Übrigens ist der Zauberstern-Auftakt nicht der erste deutsche Auftritt von Savage Dragon. Der war bereits im Jahr 2000 in einem Heft der Reihe DC-Crossover, das ich übersetzen durfte (die Nr. 34, mit Superman als Gegner). Vier Jahre später erschienen in den fünf Ausgaben des letztlich nicht erfolgreichen Hit-Comics Relaunchs (plus der Nr. 0 mit einem Auszug des US-Hefts 100) weitere Dragon-Abenteuer – ein kurzer Run also und jedoch nicht von Anfang an. Jetzt nimmt uns Zauberstern mit auf eine nostalgische Reise in die Comic-Welt der Neunziger Jahre und bringt in der Debut-Ausgabe die erste fünfteilige Savage Dragon Miniserie komplett auf 132 Seiten, für den Preis übrigens ein echter Schnapper.
Erik Larsen folgte in seinen kantig nervösen, wie opulenten Zeichnungen, die auch an die von John Byrne erinnern, dem Stil Todd McFarlanes, dem auch andere damalige und heutige Größen (und allesamt Image-Buddies) wie Jim Lee, Rob Liefeld oder Marc Silvestri frönten. So durchziehen überbordende, teils doppelseitige Splash-Pages die Geschichten, bei denen man zweimal hinsehen muss, um alle Details wahrzunehmen und die in dem großen Magazin-Format übrigens noch beeindruckender rüberkommen. Dazu die übergroßen Soundwords und nicht zu vergessen die knallbunten, völlig überzogenen Superschurken aus dem Vicious Circle rund um den Oberbösewicht Overlord. Schnörkellose Action ist immer wieder Trumpf, wenngleich Larsen auch die leisen Töne beherrscht, was er bei dem tragischen Finale eindrucksvoll beweist. Ein großer Lese-Spaß, der bereits in wenigen Tagen in die zweite Runde geht! (bw)
Savage Dragon Magazin, Heft 1
Text & Bilder: Erik Larsen
132 Seiten in Farbe, Magazinformat
Zauberstern Comics
9,99 Euro
