Mein Freund Toby (Splitter)

Oktober 1, 2021

Irgendwo an einer Küste – auch wenn es nie genannt wird, gehen wir mal von Südfrankreich aus – lebt der Hund Toby mit seinem Herrchen, einem Maler, dem das Haustier mal Trost, mal Inspiration ist. Toby hüpft fröhlich umher, während sich der Künstler mit kreativen Blockaden abplagt, die gerne mal durch den Vierbeiner spielend gelöst werden. Das tierische Glück scheint ein wenig gestört, als eine zerzauste Katze auftaucht, die Toby als Bedrohung seines Reviers empfindet. Der ungebetene Gast lässt sich noch verjagen, aber weniger leicht abzuschütteln sind die finanziellen Sorgen des Malers: diverse letzte Mahnungen flattern ins Atelier, bevor man nach der Rückkehr von einem Strandausflug feststellen muss, dass die Stromversorgung gekappt ist.

Entsetzt bringt der Künstler diverse Werke zum Verkauf (vermutlich zum Schleuderpreis) und weiß dann nicht so recht weiter. Als die arg gebeutelte Katze wieder auftaucht und Toby zur Attacke bläst, geht der Künstler schließlich dazwischen: die Katze trägt ein Namensschild, hört offenbar auf den Namen Brenda und wohnt in der Rue de la Parma. Flugs macht man sich auf, die Dame zu ihrer Besitzerin zurückzubringen – und die entpuppt sich als durchaus gut betuchte Schriftstellerin, die das Leben unseres Malers für immer verändern wird…

Grégory Panaccione setzte schon mit dem wunderbaren „Ozean der Liebe“ – wo der „alte Knacker“ Wilfrid Lupano noch das Szenario besorgte – ein gehöriges Ausrufezeichen: ganz ohne Worte, in gefühlsamem Duktus und mit schönen Wasserfarben entfaltete sich da die Lebens- und Liebesgeschichte eines durchaus ungleichen Paares. Bei „Minivip & Supervip“ schlug Panaccione dann eher in die cartoon-Kerbe eines Herrn Rossi auf Glückssuche, aber bei seinem Soloausflug, bei dem er nicht nur den Pinsel, sondern auch den Storystift schwingt, rührt er einmal mehr durch eine auf den ersten Blick einfache Geschichte, die ohne Worte auskommt – und das ist immerhin, wie schon der legendäre deutsche Stummfilm-Drehbuchautor Carl Mayer unter Beweis stellte, die höchste Vollendung der visuellen Kunst.

Die Unbeschwertheit von Toby wandelt sich ebenso wie die Stimmungslagen des Künstlers, dessen Schicksal sich im Laufe der Zeit immer weiter verdüstert und dann durch einen Akt der Menschlichkeit – Rückgabe des vermissten Haustiers – hin zu einem neuen Leben führt, das dann auch wieder künstlerischer Natur ist. In einer einzigen Szene, in der Text zu erkennen ist, sehen wir dann die Namen der Protagonisten: auf dem gemeinsam geschaffenen Bildband „Über Stöcke und Steine“ erscheint Martine de Basquerville (ein Schelm, wer Hundehalter dabei denkt) als Autorin und Marcel Costé als Illustrator – man findet sich beruflich und privat, während Toby auch sein Trauma vom Stöckchenholen überwindet. Ein wunderbar ruhiges, elegisches und herzerwärmendes Stück Comic-Kunst, das bei Splitter gewohnt hübsch aufgemacht im Bookformat als Hardcover erscheint. (hb)

Mein Freund Toby
Text & Bilder: Grégory Panaccione
144 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro

ISBN: 978-3-96792-030-7

Tags: , , , ,

Comments are closed.