Einsamer Cowboy – manchmal klappt das nicht so ganz. Erst wird Lucky Luke aus dem Hinterhalt beschossen, wehrt sich standhaft und findet bei der Verfolgung zwar nicht mehr den Schützen, aber immerhin noch einen Steckbrief vor. Offenbar hat man ein Kopfgeld von 50.000 Dollar auf ihn ausgesetzt, für einen Mord, den unser Held natürlich gar nicht begangen hat. Bevor er sich darüber mehr Gedanken machen kann, muss er ein paar Siedler retten, die mit ihrer Rinderherde von Indianern angegriffen werden. Luke staunt nicht schlecht, als die drei Bedrängten sich als fesche Damen herausstellen, die durchaus mit ihren Schießeisen umgehen können, wodurch man die Marodeure mit vereinten Kräften in die Flucht schlägt. Die Damen wollen mit ihrer Rinderherde nach Liberty, um dort einen Neuanfang zu wagen, und dieser Weg führt direkt durchs Indianergebiet, weshalb sich Luke gerne als Eskorte anbietet.
Alsbald sieht sich Luke umworben von Cherry, Angie und Bonnie, die es irgendwie nicht fassen können, dass der schicke Bursche so gar kein Interesse zeigt. Der Duft eines Zigarillos lenkt unseren Helden, der sich das Rauchen abgewöhnt hat, dann allerdings doch ab, und so landet er gefesselt am Wagenrad: niemand anders als der Sohn von Phil Steele, den Luke vor Jahren ins Jenseits beförderte, will das Kopfgeld kassieren. Die tatkräftigen Damen hauen ihn aus der Bredouille, und so erreicht man tatsächlich Liberty. Dort allerdings findet man nur noch verlassene Häuser vor, die Stadt scheint ausgestorben, aber ganz alleine ist man dort nicht: die Outlaw-Bande um Joss Jamon lauert dort, verstärkt mit dem entfernten Dalton-Vetter Dick, und auch diese Fieslinge wollen sich natürlich das Kopfgeld unter den Nagel reißen…
Matthieu Bonhomme scheint Freude an Hommagen an die legendäre Figur von Morris zu haben: schon vor fünf Jahren lieferte er mit „Der Mann, der Lucky Luke erschoss“ eine durchaus gefeierte, preisgekrönte und vor allem ganz eigen geprägte Version des Mannes, der schneller zieht als sein Schatten. Nach weiteren Ehrerbietungen – u.a. durch den Berliner Zeichner Mawil – legt Bonhomme nun rechtzeitig zum 75. Jubiläum der Figur seine zweite Lucky Luke-Story vor, die erneut eine ganz individuelle, fast schon elegische Note hat. Weit weg von den sprühenden Gags der Originalreihe, präsentiert Bonhomme einen im echten Wortsinne einsamen Kämpfer, der zu zwischenmenschlicher Nähe nicht fähig ist und die Gesellschaft seines Pferds jeglicher Dame vorzieht. Die Bedrohung durch die Intrige gegen ihn – natürlich steckt ein Lumpensohn hinter den Steckbriefen – ist real, er wird mit seiner nicht nur strahlenden Vergangenheit in Form von Phil Steele konfrontiert, den er in einem ehrlichen Duell umlegte, und die Bande um Joss Jamon ist alles andere als harmlos.
Witzig ist allenfalls der Running Gag, dass Luke sich das Rauchen abgewöhnt hat und als Ersatzdroge Grashalme kaut, was ihm permanent unter die Nase gerieben wird (und was ihm bei Steeles – Vater Phil ist wie Joss Jamon eine klassische Morris-Figur – Hinterhalt, der ihn durch einen Zigarillo anlockt, ja fast zum Verhängnis wird). Diese romantische, fast schon John Ford-artige Atmosphäre untermalt Bonhomme mit kräftigen, atmosphärischen Farben, in denen vor allem die Wüsten- und Felsenlandschaft bestens zur Geltung kommt. Wieder eine ganz eigene Interpretation also, die eindeutig Bonhommes Handschrift trägt und Lucky Luke gekonnt in die Gegenwart holt. „Wanted“ erscheint ganz traditionell als Softcover, ist in der Egmont Comic Collection für Sammler aber auch als Hardcover zu haben. Im Jubeljahr steht die nächste Hommage schon in den Startlöchern: mit „Zarter Schmelz“ wird der deutsche Genrestar Ralf König dem Cowboy dann seinen zweifelsohne ebenfalls sehr charakteristischen Anstrich geben. (hb)
Lucky Luke Hommage, Band 4: Wanted
Text & Bilder: Matthieu Bonhomme
68 Seiten in Farbe, Hardcover
Egmont Comic Collection
16 Euro
8,99 Euro (Softcover, Kiosk-Ausgabe)
ISBN: 978-3-7704-0111-6