Apokalyptische Stimmung im Paris des Jahres 2052: in einer vollautomatisierten Welt schlägt ein universeller Stromausfall unbarmherzig zu. Die universellen Flugtaxis krachen in Hochhäuser, Flugzeuge rasen in Bürotürme, und die Kommunikation bricht vollkommen zusammen. Francois, der seiner Jugendliebe Blanche zu Hilfe eilen wollte, die von ihrem Möchtegern-Produzenten Jerome Seita bedrängt wird, schafft es tatsächlich, sich durch das titelgebende Chaos zu kämpfen und seine Holde dem schmierigen Musikmagnaten zu entreißen. Der findet beim Fluchtversuch per Privatjet ein jähes Ende – ein navigationsloses Passagierflugzeug ist eben doch ein wenig stärker als seine Nuss-Schale – und so machen sich Francois und Blanche per Pferd auf durch die zunehmend verwüstete Stadt, in der sich die Polizei und Plünderer zunehmend gewalttätige Schlachten liefern.
Geplagt von Alpträumen, in denen sein späteres Ich, genannt „Der Patriarch“, in der postapokalyptischen Zukunft von seinem Widersacher im Streit um die verhassten Maschinen getötet wird, macht sich Francois auf, gemeinsam mit seinem alten Kumpel Pierre die Flucht aus dem zunehmend zerstörten Paris zu planen. Francois heuert weitere Mitstreiter an, darunter den schlagkräftigen Bildhauer Narcisse, mit dem er das zugelaufene Pferd schlachtet. Auch sonst driftet der eigentlich schüchterne Student immer weiter in eine radikale, menschenverachtende Richtung ab…
Stand in Teil 1 von Jean-David Morvans (u.a. Conan der Cimmerier, Sillage, Herkules) zutiefst finsterer Dystopie noch das Bild einer Gesellschaft im Mittelpunkt, die äußerst bereitwillig in eine durchautomatisierte, vollüberwachte und technisierte Existenz marschiert (wohin wir uns gerade auf dem besten Weg befinden: die Abhöranlage namens Alexa im Haus, selbst der Kühlschrank weiß wo man sich gerade aufhält, und körperliche Arbeit mag auch keiner mehr), liegt der Fokus nun auf einer postapokalyptischen Welt, in der nur noch das Überlebenden der Stärksten zählt. Wie in jeder ordentlichen Antiutopie bröckelt die dünne Fassade der Zivilisation ab, und die nur kaschierten atavistischen Züge der conditio humana treten deutlich zu Tage.
Da wird sofort das Kriegsrecht verhängt, die marodierenden Banden schrecken vor keinem Gräuel zurück („Das war der Fleischer des vieux Paris, Rue Doisneau. Diese Welt ist verrückt… wer hätte das von ihm gedacht?“, kommentieren die entsetzten Zuschauer einen kaltblütigen Mord an einer Mutter mitsamt ihrem Kleinkind), und vor allem Francois mutiert vom mutigen Retter schnell zum faschistoiden Anführer, der absoluten Gehorsam einfordert und alle Mitglieder einer angreifenden Bande brutal umbringen lässt, um keine Konkurrenten emporkommen zu lassen. Dieses Untergangsszenario, das mitsamt Pferderitten durch brennende Ruinen irgendwo zwischen Terminator, Mad Max und Planet der Affen changiert, setzt Macutay spektakulär, großflächig und ausschweifend in Szene, von einer brennenden Notre Dame bis hin zum umstürzenden Eiffelturm. Wir sind gespannt auf die weiteren Episoden. (hb)
Chaos, Band 2: Buch 2
Text: Jean-David Morvan
Bilder: Rey Macutay
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-96219-145-0