Katanga, Band 2 (Splitter)

Februar 11, 2019
Katanga, Band 2 (Splitter)

Nicht einmal vier Jahre währte der „Glanz“ des Staates Katanga, der sich – im Süden des ehemaligen Belgisch-Kongo (später Zaire, heute Demokratische Republik Kongo) gelegen – im Jahr 1960 eigenständig und einseitig unabhängig erklärte. International nicht anerkannt und gestützt von dem mächtigen belgischen Bergbaukonzern Union Minière du Haut-Katanga (UMHK), der dort weiter in aller Ruhe wertvolle Bodenschätze abbauen und damit wie gehabt das große Geld machen wollte. Armand Orsini, ein ehemaliger, in Ungnade gefallener französischer Geheimdienstler, ist seit Kurzem Sonderberater des katangischen Innenministers Munongo und muss sich von diesem immer wieder demütigen lassen. Was er stoisch erträgt, weiß er doch, dass irgendwo in der Region Süd-Kasai Diamanten im Wert von 30 Millionen Dollar versteckt wurden. Und zwar von Charlie, dem Bruder Alicias, die sich als Mätresse in den höchsten politischen Kreisen bewegt und die direkten Kontakt (im wahrsten Sinne) mit Orsini und Forthys pflegt, dem Chef der UMHK. Der will die Steine zurück und Orsini wittert dabei wieder einmal seine Chance.

So der Story-technische Überbau. Jetzt muss auch jemand die Drecksarbeit erledigen, sprich der Diamanten habhaft werden. Dafür engagierte Orsini in Band 1 über die UMHK den Söldner Felix Cantor, der brutal und skrupellos genug ist, den Auftrag auszuführen. Mit Charlie im Schlepptau und auf eine getarnte Diplomaten-Mission geschickt, fährt Cantor mit seinen Mit-Söldnern nach Süd-Kasai. Charlie holt die Edelsteine aus ihrem Versteck. Der Zeugen entledigt man sich. Dann wird es zum ersten Mal richtig blutig, denn die Balubas in Süd-Kasai beanspruchen die Diamanten ebenfalls und dezimieren Cantors Konvoi bei diversen gegenseiteigen Massakern erheblich. Derweil wird auf dem politischen Parkett die Luft für Orsini dünn, er ahnt, dass Minister Munongo von den Diamanten weiß. Orsini zieht eine vermeintlich letzte Trumpfkarte und verspricht, den gerade abgesetzten kongolesischen Präsidenten Lumumba seinen misstrauischen Arbeitgebern auszuliefern…

Die Geschichte spielt in den sogenannten „Kongo-Wirren“ Anfang der Sechziger Jahre. Die Kolonialmacht Belgien, die Jahrzehnte lang grausam wütete, hat sich zurückgezogen und entlässt ganz bewusst ein Land in die Unabhängigkeit, das im Inneren zerrüttet und uneins ist. Während Lumumba als Präsident von den Amerikanern als Kommunist verdächtigt wird, ruft die Unabhängigkeit Katangas sogar die UNO auf den Plan. Doch auch die Blauhelme sind machtlos gegen die korrupten afrikanischen Politiker, die von internationalen Großkonzernen gesteuert, finanziert und an der Macht gehalten (oder gestürzt) werden, alles im Sinne der Gewinnmaximierung. Einige Etagen tiefer tummeln sich die Männer fürs Grobe: ausländische Söldner, möglichst skrupel- und gewissenlos in der Ausführung ihrer Aufgaben, dabei nicht minder an ihr eigenes finanzielles Wohl denkend. In Fabien Nurys „Katanga“ herrschen Amoralität und Gewalt. Menschenleben sind nicht viel wert. Die Söldner können und sollen ihre brutale Ader ungehemmt ausleben. Am Ende steht sowieso jeder für sich. Uralte Stammes-Traditionen oder –Beziehungen werden komplett missachtet, man schießt erst und fragt dann auch nicht. Die Gier nach den Diamanten steht über allem.

Der Titel des Bandes ist dabei blanke Ironie. Castor gibt sich keine große Mühe, die Ziele der angeblich diplomatischen Mission zu erfüllen. Das Schicksal seines Schutzbefohlenen, immerhin ein katangischer Minister, ist ihm völlig egal. Stattdessen endet die Mission in diversen Gewaltorgien und Metzeleien, die Castor und Charlie nur hauchdünn überleben. Während Castor zupackt und mit Waffengewalt seinen Willen durchsetzt, beschreibt Autor Fabien Nury (u.a. „Silas Corley“, „The Death of Stalin“) Orsini treffend als Mann ohne Ideal, ohne Moral, der allein von Opportunismus und Geldgier angetrieben wird. Zeichner Sylvain Vallée („Es war einmal in Frankreich“) besticht dabei wieder mit seinem charakteristischen semi-realistischen Stil – was die Darstellung der Personen betrifft, die immer wieder Richtung Karikatur geht (Orsinis überlanges Kinn) – der äußerst rund und damit elegant daher kommt. Der ganzen expliziten Massaker zum Trotz. Der dritte Band der Reihe erscheint dieser Tage bei Dargaud in Frankreich und ist bei Splitter für den Juli dieses Jahres vorgesehen. (bw)

Katanga, Band 2: Diplomatie
Text: Fabien Nury
Bilder: Sylvain Vallée
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16,80 Euro

ISBN: 978-3-96219-132-0

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