Murena, Kapitel 3 & 4 (Splitter)

Dezember 20, 2016

Nach dem Giftmord an Britannicus herrscht Eiszeit zwischen Kaiser Nero und dessen Mutter Agrippina. Beide meiden und belauern sich. Nero merkt inzwischen, dass seine Mutter nach dessen Macht strebt und ihr ist nun bewusst, dass auch Nero sich zu wehren weiß. Man bekämpft sich indirekt, intrigiert über Strohmänner. Nero scheint langsam die Oberhand zu gewinnen. Er verbannt Pallas, einen Favoriten Agrippinas und spannt die Giftmischerin Locusta für seine Zwecke ein. Doch als Lucius Murena beim seinem Freund, dem Kaiser selbst, zwecks der Aufklärung des Mordes an seiner Mutter insistiert, zeigen sich wieder die Familienbande, der Macht willen: Nero deckt Agrippina und verbannt Murena vom Hof. Doch der lässt nicht locker, will unbedingt das Verbrechen aufklären und macht den numidischen Gladiator Balba zu seinem Werkzeug. Und während Acte, die Geliebte Neros, einen Handel einfädelt, der Murenas Rückkehr zum Hof ermöglichen und den Mörder seiner Mutter (Draxius, ein Erfüllungsgehilfe Agrippinas) liefern soll, ohne dass Nero jeweils das Gesicht verliert, geht dieser beinahe offen gegen Agrippina vor…

Was für ein faszinierendes, dichtes Bild des alten Roms Dufaux und Delaby hier liefern! Die Charakterisierung Neros bleibt dabei angenehm differenziert (wenngleich er erstmals an Flammen und Feuer Gefallen findet…). Kaum Kaiser, muss er sich nicht nur bei Hofe behaupten, sondern erkennt schnell, dass seine größte Feindin gleichzeitig seine engste Verwandte ist. Dabei schreckt Agrippina nicht davor zurück, ihre Verführungskünste am eigenen Sohn zu testen. Dieser andauernd schwelende Konflikt der beiden Machtmenschen bildet dann auch das tragende Gerüst der Geschichte. Die Handlungsebene darunter befasst sich mit Murena und der Aufklärung des Mordes an dessen Mutter und noch einmal tiefer, sozusagen „standesgemäß“( im ureigentlichen Sinn des Wortes) tummeln sich die Handlanger dieser Mächtigen und Adeligen – Gladiatoren und Günstlinge – die willfährig die Drecksarbeit machen und die dem Gutdünken ihrer Herren und Herrinnen ausgeliefert sind. Und die den Kampf dann auf unterster Ebene als deren Bauernopfer ausfechten. Dazu erweitert Dufaux das Figuren-Ensemble stetig. Schon taucht mit Poppaea am Horizont die nächste Femme Fatale auf, die mit Gift und ihren Reizen gleichermaßen hohe Ziele verfolgt, welche sich alle auf Nero vereinen. Für intriganten Nachschub ist also gesorgt.

Der Band umfasst wieder zwei Original-Alben („Mutterliebe“ & „Die Todgeweihten“) und ist um diverse Texte, Zeittafeln und Quellenangaben ergänzt, die belegen, wie historisch genau Dufaux hier vorgeht. Nicht nur sind die meisten Personen verbürgt (wobei die titelgebende Figur des Lucius Murena erfunden ist), Dufaux lässt auch noch einen Hauch von Quo Vadis durch die Seiten wehen, indem er dem Apostel Petrus einen Kurzauftritt gönnt. Aber was Zeichner Philippe Delaby hier abliefert ist einmal mehr bemerkenswert und stellt das i-Tüpfelchen auf dem Ganzen dar. Ein verblüffender Realismus, bei dem die opulenten Bilder durch die körnige, wunderbar abgestufte Farbgebung noch verdichtet werden. Alles schaut echt aus, edel und fein. Bis ins kleinste Detail sind die Kulissen, die Gewänder und die Frisuren ausgeführt, was der historisch genauen Handlung noch einmal zuträglich ist. Dazu die nuancierten Gesichter und deren Mienenspiele. Wie schade, dass Delaby so früh gehen musste… Am Ende des Buches werden die Figuren der Geschichte (manche davon treten noch nicht in Erscheinung) quasi als Kompakt-Info noch einmal vorgestellt und zusammengefasst. Band 3 mit den Kapiteln 5 und 6 ist für den April 2017 geplant. (bw)

Murena, Band 2: Kapitel 3 & 4: Mutterliebe / Die Todgeweihten
Text: Jean Dufaux
Bilder: Philippe Delaby
128 Seiten in Farbe, Softcover
Splitter Verlag
24,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-380-6

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