Ganz ein typisches Abenteuer, bei dem der Prinz einmal mehr nur eine Nebenrolle spielt, leitet die Jahrgänge 1997/1998 ein: den Pikten im Norden Britanniens wurde ihr heiliger „Stein des Schicksals“ gestohlen. Wütend nimmt man Aleta, Maeve und die kleine Ingrid gefangen. Sie stehen für die Pikten in dringendem Tatverdacht. So bahnt sich ein Konflikt mit den Briten an. Doch der eigentliche Drahtzieher ist der verschlagene Erpresser Alarich (siehe Band 12), der dann auch schnell enttarnt wird. Nach einer kurzen wie skurrilen Episode um einen verrückten Erfinder und dessen Luftschiff beginnt das Herzstück des Bandes: immer mehr Barbaren landen an den Ostküsten Britanniens. Sie scheinen sich zu organisieren, brandschatzen, rauben. König Arthur beschließt zu warten, bis sich die Barbaren-Horden zu einer Armee vereint haben, um dann gleich alle mit einem Streich zu besiegen. Doch sein Plan, der eine entbehrungsreiche Zeit für die Bewohner im Osten der Insel bedeutet, schlägt fehl. Denn die Barbaren unter der Führung Ethelberts werden immer mächtiger, zielstrebiger und nehmen sogar die Handelsstadt Londinum (London, klar) ein. Bald stehen sie vor Camelot. Und erhalten Hilfe von einer Verräterin aus dessen Mauern. Camelot scheint verloren, wird evakuiert und muss schließlich von den Rittern der Tafelrunde aufgegeben werden, als König Arthur eine verhängnisvolle Entscheidung trifft…
Nachdem er in vorigen Jahrgängen Eisenherz und dessen Familienmitglieder gerne auf Reisen schickte – China, Afrika und einmal mehr Amerika, lässt John Cullen Murphy die Geschichte dieses Bandes ausschließlich in Britannien, bzw. in dessen Hauptstadt spielen. Camelot ist verloren (musste zuletzt in Band 8 aufgegeben werden – wegen Mordred, der hier nur einen Gastauftritt hat) und König Arthur verschwunden! Ethelbert und die verräterische Lady Cordelia werden das neue Königspaar. Nach dem geschichtlichen Abriss um den tatsächlich existierenden „Stone of Scone“ – die seltsame Luftschiff-Episode vergessen wir ganz einfach mal – lässt Murphy wieder das Zentrum des Königreichs erschüttern. Der Verrat durch Cordelia ist einmal mehr clever konstruiert (ähnlich wie bei Columbo-Filmen: man ahnt oder weiß von Beginn an, wer dahinter steckt, aber nicht wie und warum), das Misstrauen Eisenherz‘ ihr gegenüber mündet in einen Konflikt, der das Reich dem Untergang nahe bringt. Dazu kommen noch die Vorhersagen des Chronisten Geoffrey und die seltsame Reaktion von König Arthur, die dann doch nachvollziehbar wird: ein böses Omen lässt ihn zweifeln, zumal er nicht mehr der Jüngste ist. Als Turm in der Schlacht, als Camelots Symbolfigur zu fallen, kommt nicht in Frage, das würde die Seinen schwächen und den Gegner stärken und damit erst recht triumphieren lassen. So verschwindet er vorbeugend und anonym in den Wäldern – am Ende sehen wir ihn noch kurz als „Großvater“ in einem ärmlichen Dorf.
Auch wird die Handlung hier gradliniger erzählt und springt weniger zwischen den Abenteuern um die einzelnen Familienmitglieder. Alles konzentriert sich auf die Schlacht um Camelot, nur um dann wieder komplexer zu werden, diverse Storyarme kündigen sich an. Was der Geschichtsschreiber Geoffrey auch beschreibt, der nun gleich vier Handlungsstränge der Chroniken führt, die sich irgendwann wieder treffen werden. U.a sind das die Geschichte des unfreiwilligen Exils der Tafelrunde und des freien Restes von Britanniens, der nun in Tintagel lebt, dem Stammsitz von Arthurs Familie im Westen (Tintagel liegt in Cornwall). Dann die kommende Reise nach Island (schließlich ist man ja Ritter und schlägt auch in eigener Not keine Hilferufe aus). Und nicht zu vergessen den weiteren Werdegang König Arthurs, der sich – im freiwilligen Exil – anonym unter das Volk mischt und einen ganz anderen Weg als Neuanfang wählt. Murphy bzw. sein Sohn Cullen mischen ganz im Geiste Hal Fosters gekonnt Artus-Legende (mit Merlin und Excalibur) mit geschichtlichen Fakten (Stone of Scone, das isländische Althing, Tintagel) und lehnen historische Personen ihren Figuren an (so gab es den Geschichtsscheiber Geoffrey von Monmouth und Sven Gabelbart als dänischen König). Mehrfach beeindrucken große, auslandende Panels, die zwei Drittel der Seiten einnehmen und die detailliert wilde Schlachtszenen, üppige Bankette oder fliehende Wikingerschiffe zeigen. Auch in seiner Spätphase hat Murphy den Prinzen und dessen Familie fest im Griff, bringt Überraschungen, inszeniert geschickt die Handlung und sorgt dabei stets für hochkarätige Unterhaltung. Und das Beste: Bocola stellt in Aussicht, dass das gewaltige Epos auch nach der Murphy-Ära (deren letzter Band 2017 kommt) weiter veröffentlicht wird, mit den Seiten aus der Feder von Murphy-Nachfolger Gary Gianni. (bw)
Prinz Eisenherz, Band 14: Jahrgang 1997/1998
Text & Bilder: John Cullen Murphy
112 Seiten in Farbe, Hardcover
Bocola Verlag
24,90 Euro
ISBN: 978-3-939625-54-4