Cisco Kid, Band 1 (Bocola)

Januar 23, 2016

Cisco Kid, Band 1 (Bocola)

Man ist als gewiefter und erfahrener Comicleser(.de), der sich seit Jahrzehnten tapfer und immer neugierig durch Sprechblasen und Panels pflügt, stets hocherfreut, wenn auf man der Comic-Landkarte weiße Flecken findet. Das ist bei uns bei Zeitungscomics ab und an der Fall. Bei älteren, klassischen Zeitungs-Strips, weitab von Sonntagsseiten-Klassikern, wie Prinz Eisenherz, Tarzan oder Little Nemo. Ein Verlag, der diese weißen Flecken mit Inhalt füllt, ist Bocola, der in dieser Hinsicht immer für eine Überraschung gut ist. So erschienen zuletzt gleich zwei ‚Zeitungs-Western‘, ‚Casey Ruggles‘, über den wir bereits berichtet haben und ‚Cisco Kid‘. Ist der Ruggles-Macher Warren Tufts durch seine bereits veröffentlichte Serie ‚Lance‘ (5 Bände, ebenfalls bei Bocola) hierzulande kein Unbekannter mehr, kennt man den argentinischen Zeichner José Luis Salinas (1908-1985) und Autor Rod Reed, die Cisco Kid ab 1951 über 17 Jahre hinweg schufen, kaum (zwischen 1993 und 2002 erschienen beim Comic Club Hannover immerhin 43 Hefte in kleiner Auflage). Bocola bringt nun eine gewohnt sorgfältig bearbeitete Neuausgabe des Tages-Strip-Westerns auf den deutschen Markt.

Irgendwo im grenznahen Gebiet zwischen den USA und Mexiko bestehen Westernheld Cisco Kid und sein pummeliger Sidekick Pancho (wie sonst soll er heißen!) ihre Abenteuer. Das erste (‚Lucy‘) führt sie nach Red Rock. Dort vermutet die resolute Lucy, dass Richter Hook etwas im Schilde führt. Denn über den geplanten Bau eines Damms soll ohne Frauenbeteiligung abstimmt werden. Bald decken Cisco, Pancho und Lucy die Machenschaften des Richters auf. Gerade wirft er sich noch an Lucy ran, da steht schon die nächste Dame in der Startlöchern: die der Episoden den Namen gebende Indianer-Prinzessin ‚Rote Blume‘ bitte Cisco um Hilfe. Denn zwischen ihrem Stamm und den Weißen droht ein Krieg auszubrechen. An dem einige Waffenhändler reges Interesse haben. Auch hier gelingt es Cisco nach einigen Wirrungen und Missverständnissen als Schlichter und Mittler zu glänzen und den beinahe eskalierenden Konflikt aufzulösen. Weiter nach Good Time Gulch, eine Art Las Vegas des Westerns. Cisco und Pancho wollen sich nur unbeschwert vergnügen, tappen aber erneut in ein Wespennest. In dem spielen die verruchte Tänzerin Silver Belle und der örtliche Patron One-Eyed Jack (!) die Hauptrollen. Denn Jack hat ein Druckmittel gegen Belle. Und dann taucht auch noch eine geheime Karte eines stillgelegten Stollens auf…

Kommt immer gut an: Cisco Kid

Kommt bei Damen immer gut an: Cisco Kid

Die Figur des Cisco Kid wurde bereits 1907 von Schriftsteller O’Henry erdacht. In seiner ersten Inkarnation war Cisco ein Desperado, der über Leichen ging. Doch schon bald wurde der Charakter der Figur geändert. In den folgenden Filmen (1928 der erste Tonfilm-Western überhaupt), Radio- und TV-Shows und auch Comics mutierte Cisco zum leuchtenden Helden mit mexikanischem Einschlag, der gemäß dem Trend der 50er und 60er Jahre den edlen Westerner in einer bereits verklärten Zeit gab. So auch im Comicstrip von Salinas und Reed. Wie Tyrone Powers Zorro oder Erol Flynns Helden immer mit einem Lächeln im Gesicht, stets tapfer den größten Gefahren trotzend und direkt hinein reitend, immer die Kontrolle über die Situation behaltend, mit rechts dem Revolver in der Hand und links einer schönen Frau im Arm. Das klingt etwas überspitzt, soll es aber nicht. Denn der Band ist überaus unterhaltsam. Die drei Geschichten, die jeweils ineinander fließen, sind gradlinig und flüssig erzählt (was natürlich der ursprünglichen Veröffentlichungsform als Tages-Strip geschuldet ist). Es geht um Geld, um Habgier und in jeder Episode stellen die Autoren Cisco eine schöne, taffe Frau zur Seite, die gerne resolut zur Tat schreitet. Schön, dass die Indianer nicht eindimensional dargestellt werden (Nur ein toter Indianer…), sondern wie Cisco auch die Fahne aus Ehre und Gewissen hochhalten, inklusiver schwarzer Schafe, versteht sich.

Was den Band dann wirklich besonders macht, sind die Zeichnungen. Die sind in schwarz-weiß gehalten. Farbige Cisco-Strips aus der Feder Salinas‘, der, als die Serie entstand, in Argentinien längst bekannt war, gibt es leider nicht. Der Zeichner nannte Alex Raymond (Flash Gordon) und Hal Foster (Prinz Eisenherz) als Vorbilder, was in seinem Stil auch deutlich erkennbar ist. Mehr noch, er spielt in einer ähnlichen Liga wie diese beiden Größen. Kräftige Tuschezeichnungen, dynamisch, elegant. Ausdrucksstark und detailfreudig. Immer wieder schöne Frauen. Und in den Nachtszenen oder wenn ein Feuer die Szenerie ausleuchtet, zeigt Salinas seine ganze Klasse. Meistens besteht jeder Strip aus gleichgroßen Panels (die ab und an variiert werden). Neu zweimal besteht ein kompletter Strip aus nur einem Panel – eine Saloon-Schießerei und ein Indianer-Angriff auf eine Wagenburg – beides mal beeindruckend in Detailfülle und Atmosphäre. Ein ausgiebiges Vorwort beschreibt die Historie der Figur des Cisco Kid und erzählt die Entstehungsgeschichte des Comic-Strips. Der Band kommt wie auch ‚Casey Ruggles‘ im großen Querformat daher und enthält die ersten 234 Dailies vom 15. Januar bis 13. Oktober 1951. Bocola hat da einmal mehr einen echten Schatz gehoben, der die Comiclandschaft bereichert. (bw)

Cisco Kid, Band 1: Lucy, Rote Blume & Good Time Gulch
Text: Rod Reed
Bilder: José Luis Salinas
88 Seiten in schwarz-weiß, Hardcover, Querformat
Bocola Verlag
17,90 Euro

ISBN: 978-3-939625-91-9

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