Goldorak (Knesebeck)

Juli 31, 2024
Goldorak (Knesebeck Verlag)

Goldorak? In Deutschland nicht sehr bekannt. In Frankreich dafür umso mehr, was auch erklärt, wieso sich Comic-Macher aus der ersten Liga dort an eine Fortsetzung wagten. Dazu gleich mehr. Zuerst ein paar Worte zur Geschichte der Reihe: Goldorak ist ein riesiger, schier unbezwingbarer Kampfroboter, der von einem Menschen außerirdischer Herkunft gesteuert wird. Die Figur und die zugehörigen Storys wurden von Gō Nagai erdacht und erschienen ab 1975 als Manga. Bekannter als die Comicfassung ist die 74-teilige Zeichentrick-Serie, die in der zweiten Hälfte der 70er Jahre in Frankreich bei dem jugendlichen TV-Publikum ein prägender Straßenfeger war, während sie bei uns aufgrund des nicht gerade gewaltfreien Inhaltes gar nicht erst ausgestrahlt wurde.

Zum Inhalt des Originals in Kürze: Actarus, ein Prinz, muss zusehen, wie seine Welt von Bösewicht Vega und seiner Armee aus Kampfrobotern vernichtet wird. Mit Hilfe von Goldorak, dem mächtigsten aller Kampfroboter, gelingt Actarus die Flucht zur Erde, wo er von dem Wissenschaftler Professor Umon adoptiert wurde. Später taucht auch noch Maria Grace auf, seine Schwester, die ebenfalls von ihrer sterbenden Welt entkommen ist. Da auch die Erde von Vega bedroht wird, nehmen Actarus, Maria Grace und ihre Freunde Kouji und Hikaru als Adler-Patrouille den Kampf auf, verteidigen die Erde und können Vega und seine Armee schließlich bezwingen.

Der neue Band, geschrieben von Xavier Dorison (u.a. „Undertaker“) und Denis Bajram (u.a. „Universal War Two“), setzt nun etwa zehn Jahre später ein. Die Freunde gingen inzwischen getrennte Wege. Kouji ist ein erfolgreicher wie vermögender Geschäftsmann, Hikaru eine angehende Chirurgin, während Actarus und Maria Grace aufgebrochen sind, um ihren vom Krieg gezeichneten Heimatplaneten wieder aufzubauen. Da taucht unvermittelt ein gigantisches Schiff auf, das von der Oberfläche des Mondes aufsteigt und ein Objekt freisetzt, welches Kurs auf die Erde nimmt und an der Flanke des Fuji einschlägt. Es handelt sich um einen Golgoth, ein Roboter-Monster mit drei Köpfen namens Hydragon, das sogleich eine Schneise der Zerstörung durch Tokio pflügt.

Der Hydragon wird ausgesandt und gesteuert vom Volk des sterbenden Planeten Stykades, das einst vom Schurken Vega selbst ausgesandt wurde. Jetzt sucht man – nein, man fordert – auf der Erde neuen Lebensraum und hat dafür natürlich Japan auserkoren. Sieben Tage gibt Yros von Arkhen, der General der Außerirdischen, um das Land zu evakuieren, sonst lässt man den Hydragon wieder von der Kette. Klar, dass in dieser hoch angespannten und gefährlichen Situation nur Actarus und sein Goldorak helfen können. Aber die sind weit weg und damit unerreichbar. Oder etwa doch nicht? Denn Actarus und Maria Grace sind nach einer weiteren tragischen Episode auf ihrem Planeten heimlich zur Erde zurückgekehrt…

Anfangs folgt die Dramaturgie des Bandes einem typischen Godzilla-Film. Ein Monster taucht auf, das eher ausschaut wie ein Kaiju als ein Roboter bzw. eine Maschine, begleitet von einer Naturgewat (der Fuji bricht aus) und beginnt Tokio zu zerstören. Als die (utopischen) Forderungen der Agressoren bekannt werden, müssen Goldorak und die Adler-Patrouille auf den Plan treten, also reaktiviert werden, denn herkömmliche Waffensysteme richten gegen den Hydragon natürlich nichts aus. Was man nicht weiß ist, dass die Außerirdischen selbst mit dem Rücken zur Wand stehen, was Kehos, der Erzschurke in ihren Reihen, der aus Gründen nur auf Rache an Actarus aus ist, bis zum Schluss nicht wahrhaben will. Bis es zum gewaltigen, dramatischen und feurigen Finale kommt…

Der ausführliche Anhang der als „Making Of“ einen hoch interessanten Blick hinter die Kulissen gewährt, beginnt mit einem Brief an Gō Nagai, in dem Dorison 2016 das Projekt vorstellt und praktisch um Erlaubnis dazu bittet, die dann freilich auch gewährt wurde. Worauf die Franzosen sich an die Arbeit machten – im Team neben Dorison und Bajram waren Brice Cossu („Frnck“ bei toonish), Alexis Sentenac („Siberia 56“ bei Splitter) und Kolorist Yoann Guillo („Kosaken“, ebenfalls bei Splitter). Dorison wahrt bei der Story den Geist des Originals, präsentiert eine Art Reunion der Hauptfiguren und setzt seinen Fokus dabei auf deren (zeitlich bedingte) Weiterentwicklung.

So hat Actarus ein Trauma zu verarbeiten, das sich erheblich auf die Story auswirkt. Hinzu kommt die ganz aktuelle Flüchtlings-Thematik: Migranten aus dem All, die eine neue Heimat suchen, dazu ein verblendeter, hasserfüllter diktatorischer Anführer. Die Zeichnungen, entstanden in Teamarbeit, stehen ganz in franko-belgischer Tradition, sind fein gearbeitet und sehr detailreich. So kann der Band, der in Frankreich bei Kana, dem Manga-Label von Dargaud-Lombard erschien, als Hommage und Fortsetzung zugleich angesehen werden. Der Original Manga von Gō Nagai wurde meines Wissens noch nie bei uns veröffentlicht. Aktuell erscheint von ihm bei Egmont Manga immerhin „Devilman“ (1972/73) in 5 Bänden. So, und jetzt hoffen wir, dass Denis Bajram nun endlich seine Serie „Universal War Two“ fortsetzt. (bw)

Goldorak
Text & Story: Xavier Dorison, Denis Bajram
Bilder: Denis Bajram, Brice Cossu, Alexis Sentenac, Yoann Guillo (Farben)
168 Seiten in Farbe, Hardcover
Knesebeck Verlag
22 Euro

ISBN: 978-3-95728-757-1

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