Nautilus, Band 3 (Splitter)

Mai 15, 2024
Nautilus, Band 3: Kapitän Nemos Vermächtnis (Splitter Verlag)

Gefangenschaft ist immer unschön, vor allem, wenn man bei Kapitän Nemo in einem fantastischen Unterseeboot festhängt. So ergeht es aber Kimball O’Hara und seiner ehemaligen Weggefährtin Jaya Norbu, die Nemo gekapert hat, um seine Rache an den ihm verhassten Kolonialherren zu üben, die ihn in ihr „großes Spiel“ der Geheimdienste hineinziehen wollten. Nemo schreckt nicht davor zurück, durch wahllose Angriffe auf diverse Schiffsverbände einen Krieg zwischen England und Russland zu provozieren. Kim und Jaya gelingt indessen während einer Attacke die Flucht in einer Rettungskapsel der Nautilus. Beide werden dann von Lord Curzon beauftragt, den abtrünnigen Kapitän endgültig dingfest zu machen.

Kim willigt ein und lockt per angeblicher Botschaft von Nemo ein baugleiches russisches U-Boot auf Nemos Geheimbasis, von wo aus man Jagd auf den einsamen Kämpfer machen will. Da hat der Wanderer zwischen den Kulturen allerdings die Rechnung ohne seine vermeintliche Partnerin gemacht: Jaya eröffnet ihm, dass Kim und Nemo nichts anderes sind als Schachfiguren in einem gewaltigen Intrigenspiel, das mit der Versenkung der HMS Northampton begann und einen Krieg entfesseln soll, der Engländern und Russen gleichermaßen nutzt. Komplett gewissenlos, befiehlt Jaya Angriffe auf indische Zivilisten, um Nemo aus der Reserve zu locken. Der perfide Plan gelingt, aber Nemo nimmt diese Provokation keinesfalls hin, sondern holt zum ultimativen Gegenschlag aus…

Dritter und letzter Akt in der wunderbaren Melange aus Jules Verne und Rudyard Kipling. Das „große Spiel“ der Geheimdienste entpuppt sich als abgekartet, die Kolonialherren verfolgen radikal ihre eigenen Ziele, paktieren hinter den Kulissen und schieben die Protagonisten willkürlich umher. Der Angriff auf die HMS Northampton, der das Geschehen in Band 1 eröffnet, stellt sich – Spoiler ahead! – als von den Engländern selbst inszeniert heraus, um Kim auf die Reise zu schicken, die letztendlich Nemo hervorlockt. Loyalität zählt nichts, monetäre Interessen und Machtstreben sind Trumpf: „Creighton und Du, ihr seid Relikte einer verstaubten Vergangenheit. Lord Curzon dagegen hat verstanden, dass sich die Welt geändert hat. Die Waffen sind nicht mehr dieselben, und die Einsätze gehen weit über dein großes Spiel hinaus“, muss Kim sich von Jaya anhören.

Der allerdings widersetzt sich und macht letztendlich mit Nemo gemeinsame Sache, der sich als einziger moralisch aufrechter Charakter herausstellt. Somit ein furioser Abschluss der Reihe, die die beiden literarischen Figuren kreativ und wirkungsvoll aufeinandertreffen lässt und sogar eine kleine Replik auf Verne einbaut (in einem Verweis ist Kims Hoffnung, dass die ganze Geschichte mit der Rettung eines Schiffbrüchigen begann – siehe die Anfangspassagen von „20.000 Meilen unter den Meeren“). Auch zeichnerisch bringt Guénaël Grabowski wieder jede Menge Dynamik ins Geschehen und liefert vor allem in den Unterwasseransichten atemberaubende Panels. Mehr als gelungen und damit abgeschlossen, erscheint der Band bei Splitter wie gewohnt in hochwertigem Hardcover. (hb)

Nautilus, Band 3: Kapitän Nemos Vermächtnis
Text & Story: Mathieu Mariolle
Bilder: Guénaël Grabowski
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
17 Euro

ISBN: 978-3-96792-302-5

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